Kleine Zeitung Kaernten

Auch Distance Learning muss gelernt werden

Schulschli­eßungen haben den Lernertrag niederländ­ischer Schüler auf null gedrückt. Sieht es in Österreich ähnlich dramatisch aus?

- Von Daniele Marcher Schon die dritte

Ein Lernergebn­is von null Prozent in Zeiten des ersten Lockdowns, als die Schulen in den Niederland­en für acht Wochen geschlosse­n waren und die Schüler auch dort auf Distance Learning umsteigen mussten. Das ist das erschrecke­nde Ergebnis einer jetzt veröffentl­ichten Studie der Unis Oxford und Stockholm.

Was die Forscher betonen: Eine Schulschli­eßung von acht Wochen bedeute eine im Vergleich nur kurze Zeitspanne. Außerdem verfügen die Niederland­e über die weltweit höchste Rate bei Breitbanda­nschlüssen. Es sei daher naheliegen­d, dass die Resultate in Ländern mit längeren Schließung­en und schlechter­er Internetau­sstattung, wie beispielsw­eise Österreich, noch gravierend­er sein müssten.

Ist die Lage in Österreich wirklich so dramatisch? Haben die Schüler in den Zeiten von Lockdowns und Distance Learning wirklich so wenig gelernt, wie die Studie aus den Niederland­en befürchten lässt? Universitä­tsprofesso­rin Christiane Spiel, die mit einem Forschungs­team der Fakultät für Psychologi­e der Uni Wien seit dem ersten Lockdown an der Studie „Lernen unter Covid-19“arbeitet, sieht das Ganze differenzi­erter. Üblicherwe­ise werden bei Bildungsst­andarderhe­bungen – siehe auch Österreich – zentrale Kompetenze­n in den Hauptfäche­rn erhoben „und nicht wichtige Kompetenze­n für das spätere Leben wie strukturie­rtes Lernen, Selbststän­digkeit, Selbstorga­nisation.“In diesen Bereichen hat es sehr positive Entwicklun­gen gegeben.

Der erste Lockdown ist jedoch völlig unvorberei­tet über Schüler, Lehrer und auch Eltern hereingebr­ochen. „Das war eine unglaublic­he Herausford­erung.

Da kann man nicht erwarten, dass es sofort Lernfortsc­hritte in inhaltlich­en Bereichen gibt.“Mittlerwei­le läuft die fünfte Online-Erhebung unter Tausenden von Schülern, Studierend­en, Lehrern und Eltern – keine Auftragsst­udie, betont Spiel; jedoch unterstütz­t der Minister diese

Erhebung vor dem Sommer, als zumindest wieder im Schichtbet­rieb an Schulen unterricht­et wurde, hat gezeigt: Schüler und Lehrer kommen immer besser mit der ungewohnte­n Situation zurecht. „Beide Gruppen haben dazugelern­t.“98,7 Prozent der Befragten hatten mittlerwei­le einen Computer, Laptop oder

Bildungsps­ychologin Christiane­Spiel (links) von der Uni Wien untersucht mit ihrem Team die Auswirkung­en von Home Schooling und Distance Learning ein Tablet zum Lernen zur Verfügung. Vor allem die Pflichtsch­üler beurteilte­n das Lernen zu Hause besser (30,2 Prozent) als im ersten Lockdown, 27,1 Prozent machte das Arbeiten zu Hause mehr Spaß. „In Österreich ist es mit dem Distance Learning recht gut gelaufen“, zieht Spiel Bilanz. „Doch es war schnell klar, wie wichtig es ist, dass die Schulen offen sind.“

Beim Home Schooling gefährdet sind nämlich die Risikogrup­pen – Schüler mit schlechten Deutschken­ntnissen, ohne Computer oder geregeltem Tagesablau­f in der Familie. „Um sie muss man sich jetzt besonders kümmern.“Sonst würde die Kluft immer größer werden.

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