Lavendelduft in der Nase
Links: Maria Köstlinger und Bernhard Schir beim Dreh der finalen Staffel. Rechts: Uli Brée mit Thomas Mraz als Vorstadt-Ermittler Pudschedl Ebm kommen wieder auf den Bildschirm. Auf Gerti Drassl wird sich das Publikum, denke ich, voll freuen. Sie ist ein absoluter Liebling geworden, die Figur mit der größten Wirkung.
Gerti Drassl ist eine großartige Schauspielerin. Wie ist das mit dieser Figur gelungen?
Weil wir hier die dem Anschein nach brave, unterdrückte Hausfrau vor uns haben, die aber trotzdem ihren Mann am Gängelband führt. Sie scheint uns in ihrem Liebeswerben nicht so durchtrieben wie die anderen, dennoch hat sie es faustdick hinter den Ohren.
Was hat den Erfolg der „Vorstadtweiber“denn ausgemacht? Diese Serie ist mutig und unkonventionell. Es werden Frauen gezeigt, die auch böse und durchtrieben sind. Viel durchtriebener als Männer, und sie
geboren 1964 im deutschen Dinslaken, lebt in Tirol. Seit 2018 österreichische Staatsbürgerschaft. Karriere: Clownausbildung, Schauspielschule Krauss, seit 1995 vor allem als Drehbuchautor tätig.
TV: Verfilmt wurden u. a. seine Drehbücher „Polly Adler“, „Brüder I–III“, „Vier Frauen und ein Todesfall“, zu etlichen „Tatort“-Fällen, „Live Is Life“, „Paul Kemp“.
müssen auch geschickter sein, um zu überleben. Sie sind aktiv und nicht passiv. Nicht von Männern bestimmt, sondern sie bestimmen ihr Leben selbst. Es gibt viel mehr Sex als sonst, und wir zeigten erstmals auch zwei Männer, die einander liebten. Alles in allem war das eine Serie, die nicht so weichgespült wie andere Serien daherkam.
Auf welchen der von Ihnen erfundenen Charaktere sind Sie besonders stolz?
Da möchte ich einen erwähnen, der gar nichts mit den „Vorstadtweibern“zu tun hat, nämlich die Entdeckung von Adele Neuhauser, die ich durch „Vier Frauen und ein Todesfall“kennenlernte – und für die ich die Bibi Fellner im „Tatort“schuf. Die „Kombi“zwischen ihr und Harald Krassnitzer ist etwas ganz Besonderes, seitdem funktioniert der österreichische „Tatort“wieder. Trotzdem werMartina
de ich für den ORF keinen „Tatort“mehr schreiben.
Warum? Darüber rede ich
lieber
nicht.
Aber „Tatort“-Drehbücher andere Sender?
Eben geschehen. Ich habe einen „Tatort“für den NDR geschrieben, und damit für Maria Furtwängler als Kommissarin. Mit Ifflandring-Träger Jens Harzer und Udo Lindenberg habe ich noch zwei heiße Namen auf der Besetzungsliste.
Was haben Sie aus den gelernt?
Dass ich nie wieder eine Serie schreibe, die mehr als drei Staffeln hat.
Schon etwas in Planung?
Ja, zwei Serien für Servus TV. Davon eine mit meiner Tiroler „Nachbarin“Nina Proll in der Hauptrolle.
marianne.fischer@kleinezeitung.at
Ein Tisch in der Provence. ZDF, heute, 20.15 Uhr
Hängen Sie sich das an den Spiegel“, sagt Dr. Hugo Simon: „Ich habe das Herz einer schlanken 40-jährigen Nichtraucherin.“Ein recht pragmatischer Rat an eine nicht mehr ganz taufrische Patientin, deren einzige Krankheit die Einsamkeit ist. Seine Ordinationspartnerin Dr. Véro Gilbert sieht das ein bisschen ganzheitlicher: Einsamkeit heilt man bestens, indem man die Menschen zusammenbringt. Die beiden so unterschiedlichen Doktoren wachsen in der dritten Folge von „Ein Tisch in der Provence“langsam zusammen. aja, zumindest die gemeinsame Praxis kommt langsam in Schwung. Die Rucksäcke voller Kränkungen und Traumata, die sie mit sich herumschleppen, wiegen immer noch schwer. Trotzdem – oder vielleicht auch deshalb – gehört die Reihe zu den besonderen Filmen des „Herzkinos“(das Nachschauen der ersten beiden Teile in der ZDF-Mediathek lohnt): Die Charaktere sind lebensnah gezeichnet, die medizinischen Probleme glaubwürdig in die Handlung eingebettet, und bei aller familiären Tragik zeichnet die Reihe eine hohe Leichtigkeit aus, wozu das unaufdringliche Flair der Provence viel beiträgt. Letztlich geht es ohnehin um die Frage aller Fragen: Was ist wichtig im Leben? Lavendelduft in der Nase ist jedenfalls schon einmal keine schlechte Antwort.
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