Eine bittere Realität und üble Auswüchse
Die Niederlage im EM-Finale warf England zurück. Rassistische Vorfälle sorgen für Empörung. Covid-Zahlen steigen.
Am Montag war der Traum ausgeträumt und England zurück auf dem vertrauten Boden bitterer Realitäten. Auf dem Wembley Way, der hinauf zum Stadion führt, kehrte man Fähnchen und zerquetschte Bierdosen zusammen, die England-Fans weggeworfen hatten in der Nacht zuvor. Auch die Reste einer wüsten Invasion des Stadions wurden beseitigt, bei der sich Hunderte von Zeitgenossen ohne Tickets gewaltsam Zugang zum Wembley verschafft hatten, nur um „an diesem Schicksalstag“mit dabei zu sein.
Eine Atmosphäre tiefer Enttäuschung lag am Montagmorgen über dem ganzen Land, nach der fieberhaften Begeisterung der letzten Wochen. Noch am Abend zuvor hatte die Royal Air Force mit ihren „Red Arrows“einen Rausch ausgelöst, als die Fighter Jets kurz vor Anpfiff „des Spiels“den WembleyBogen überflogen. Drunten juhen, tanzten und johlten Zehntausende – überzeugt davon, dass der Pokal der diesjährigen Europa-Meisterschaft ihnen diesmal zustand, dass „der Fußball nach Hause“kommen würde. ls der Bogen über dem Stadion wenige Stunden später in den italienischen statt den englischen Farben aufleuchtete, war alle Hoffnung zerronnen. Auch 55 Jahre nach dem einen großen WMTriumph von 1966 hatte es das England-Team nicht geschafft, den Fußball wieder „heimzubringen“– und das bei einem Spiel im eigenen Land. Nach einem euphorischen Start endete das Match im gewohnten Drama, beim Elfmeterschießen. Und erneut holte „der Fluch der Penalties“die so hoffnungsvoll gestarteten Spieler mit dem Drei-Löwen-Trikot und ihre Fan-Gemeinde ein. Völlig niedergeschlagen hüllten sich Fans in ihre mitgebrachten England
AFlaggen. „Zeit, nach Hause zu gehen“, murmelten resigniert junge Leute, denen die aufgemalten St.-Georgs-Kreuze von den Wangen rannen im Regen. Es gab auch Tränen. Auf den Großbildschirmen war zu sebelten, wie Manager Southgat seine erfolglosen Elferschüt zen, darunter den erst 19-jähri gen, hemmungslos schluchzen den Bukayo Saka, zu tröste versuchte. Wie die Italiener ih ren Sieg auskosteten.