Hitze, Dürre und unsere Paradeiser
Was Paradeiserpflanzen widerstandsfähig macht. Ein Faktencheck für Hobbygärtner.
Hitze und Dürre sind für heimische Gemüsepflanzen gerade ein ultimativer Stresstest. Auch wenn im Kleingärtnerbereich nicht das wirtschaftliche Überleben daran hängt, stellt sich die Frage: Welche Pflanzen sind für die Zukunft am ehesten klimafit? Und wie sieht es dabei mit dem Lieblingsgemüse der Österreicher, den Paradeisern, aus?
„Wenn wir über Widerstandsfähigkeit reden, müssen wir woanders beginnen: beim Boden und nicht bei den Pflanzu
zen“, sagt dazu der Gemüseexperte Wolfgang Palme, der den Bioerlebnisgarten „City Farm Augarten“in Wien leitet. Es gehe nicht darum, die Wundersorte x oder y zu finden, sondern mit Humus das Bodenleben aufzubauen, dann werde der Boden auch aufnahmefähiger für Wasser, stabilisiere sich, und könne die Klimaschwankungen besser ausgleichen.
Wichtig dabei ist: „Wir sollten den Boden nicht zu Tode umgraben, sondern die Bodenlebewesen arbeiten lassen, – „und das tun sie am besten, wenn man sie in Ruhe lässt.“ weg mit der Grabegabel, stattdessen den Boden mit geeignetem Werkzeug nur „lüften“, gut mit Mulchmaterial abdecken und mit organischem Material die Bodenlebewesen füttern. „Dazu legt man den Kompost nur obenauf, die Bodenlebewesen holen sich ihn und arbeiten dabei Tag und Nacht“, sagt Palme.
Paradeiser sind mit ihrem ausgeprägten Wurzelsystem, das bei gutem Boden zwei bis drei Meter in die Tiefe geht, im Freiland ohnehin ziemlich gut ausgerüstet, um Hitze und Dürre
überstehen. Um ein gutes Wurzelsystem auszubilden, brauchen sie aber auch etwas Herausforderung: „Richtiges Gießen ist somit immer ein Balanceakt“, erklärt Palme. „Man muss seine Pflanzen beobachten. An der Blattfarbe, also wenn das Grün nicht mehr so frisch ist, erkennt man, wann Wasser nötig ist. Man sollte nicht auf Verdacht gießen – und im Freiland keinesfalls zweimal pro Tag“, sagt Palme.
Bei der Sortenauswahl haben wir jedenfalls die Wahl zwischen alten Vielfaltssorten und moderAlso
nen Hybridzüchtungen. „Welche eher klimafit sind, lässt sich nicht generell beantworten“, sagt Palme. Wissen sollte man allerdings: „Hybridsorten werden von den großen Samenfirmen für den gesamten Kulturraum Europa entwickelt, dabei werden nur zwei Zonen unterschieden: die Mittelmeerländer und Zentral- und Nordeuropa“, erklärt der Experte.
Zwei Sortenformulierungen für einen ganzen Kontinent? Dabei bleibt die lokale Anpassungsfähigkeit naturgemäß auf der Strecke. „Und hier kommt der Vorteil älterer Sorten zum
Zug, weil sie dem jeweiligen Standort besser angepasst sind.“
Eindeutige Sortenempfehlungen lassen sich davon aber nicht ableiten. Dazu ändern sich die Klimabedingungen schon seit vielen Jahren viel zu stark. „Man muss am eigenen Standort experimentieren, verschiedene Sorten ausprobieren, mit mehreren Pflanzen nebeneinander“, lautet Palmes Rat. Die Vielfalt bereichert dabei nicht nur den Gaumen, sondern auch das Auge: Paradeiser gibt es ja auch in den unterschiedlichsten Formen und Farben.