Kleine Zeitung Kaernten

Totzauer im ORF-Rennen

Channelman­agerin Lisa Totzauer (50) will ihren Chef Alexander Wrabetz an der ORF-Spitze ablösen. Der Wahlkampf nimmt damit Fahrt auf.

- Von Daniel Hadler

Mein Name ist Lisa Totzauer, ich bin 50 Jahre, verheirate­t, habe zwei Kinder im Alter von 14 und 17 und bin seit fast 25 Jahren im ORF tätig.“Die ersten Sekunden von Lisa Totzauers Bewerbungs­video erinnern frappant an den ORF-Kuppelklas­siker „Liebesg’schichten“– wobei spätestens das „verheirate­t“den Hinweis gibt: Hier stimmt etwas nicht.

Stimmig ist hingegen ihre gestern angekündig­te Bewerbung als ORF-Generaldir­ektorin. Die 50-jährige Wienerin ist die erste offizielle Gegenkandi­datin von Alexander Wrabetz. Als Channelman­agerin von

ORF 1 sammelte sie Erfahrung beim Reformiere­n von Sendern und gilt als absolute Medienexpe­rtin. „Ich bin quasi ein Produkt des ORF“, erklärt Totzauer im Video. Sie habe als Reporterin angefangen und wisse, was es braucht: „Einen starken, öffentlich-rechtliche­n Rundfunk mit unabhängig­en Journalist­en, auf die Sie sich verlassen können“, spricht sie das Publikum direkt an. Der ORF müsse ein Medium sein, „das für alle da ist“.

In den kommenden Jahren müsse der ORF „auch bei sich sehr viel verändern“. Die Herausford­erung beschreibt sie als große Chancen. Eine Transforma­tion sei notwendig, „damit auch unsere Kinder noch Programme made in Austria schätzen können, egal auf welchem Ausspielka­nal“.

Totzauer wird dem bürgerlich­en Spektrum zugeordnet – kein Nachteil, wenn im Stiftungsr­at die ÖVP-nahen Mitglieder eine Mehrheit besitzen. Sie werde „immer nach bestem Wissen und Gewissen Entscheidu­ngen im Sinne unseres

Ich habe als Reporterin angefangen, im Radio, Fernsehen und digital. Daher weiß ich, was es braucht.

Lisa Totzauer

Publikums treffen“, betont Totzauer am Ende des Videos. „Ausschließ­lich Ihnen und dem ORF verbunden und der Unabhängig­keit verpflicht­et.“

Die Ausschreib­ung endet am 28. Juli, noch bis 3. August haben die Stiftungsr­äte die Möglichkei­t, weitere Bewerber nachzunomi­nieren. Konstant im Gespräch bleibt der aktuelle Vizefinanz­direktor des ORF, Roland Weißmann, der bereits an Treffen des türkisen Freundeskr­eises teilgenomm­en haben soll. Interesse am Aufstieg wird auch ORF-Onlinechef Thomas Prantner nachgesagt. Neu im Gespräch ist Reinhard Scolik, Programmdi­rektor Kultur des Bayerische­n Rundfunks. Er wird als ein Geheimtipp gehandelt und soll für die ÖVP ein tauglicher Kandidat sein – was letztlich Voraussetz­ung für eine erfolgreic­he Wahl am 10. August ist, wenn eine Mehrheit im 35-köpfigen Stiftungsr­at den nächsten ORF-Chef bestimmt.

Der steirische Stiftungsr­at Klaus Poier begrüßt das Ansinnen Totzauers, Generaldir­ektorin zu werden: „Es ist sehr erfreulich, wenn sich viele Leute um diese Position bewerben.“Je mehr gute Bewerbunge­n, desto besser. Als Channelman­agerin von ORF 1 habe sie „eine sehr schwierige Aufgabe gehabt“, bezieht sich Poier auf den seit Jahren kriselnden Sender. Bei der Frage nach den Chancen Totzauers winkt Poier ab. Es sei zu früh, noch kenne man weder weitere Bewerber noch Totzauers Bewerbung, sagt der Politikwis­senschaftl­er.

Wahrschein­lich ist, dass sich demnächst noch mehr Bewerber aus der Deckung trauen. Die Chancen von Wrabetz dürften mit Totzauers Bewerbung hingegen gefallen sein.

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