Totzauer im ORF-Rennen
Channelmanagerin Lisa Totzauer (50) will ihren Chef Alexander Wrabetz an der ORF-Spitze ablösen. Der Wahlkampf nimmt damit Fahrt auf.
Mein Name ist Lisa Totzauer, ich bin 50 Jahre, verheiratet, habe zwei Kinder im Alter von 14 und 17 und bin seit fast 25 Jahren im ORF tätig.“Die ersten Sekunden von Lisa Totzauers Bewerbungsvideo erinnern frappant an den ORF-Kuppelklassiker „Liebesg’schichten“– wobei spätestens das „verheiratet“den Hinweis gibt: Hier stimmt etwas nicht.
Stimmig ist hingegen ihre gestern angekündigte Bewerbung als ORF-Generaldirektorin. Die 50-jährige Wienerin ist die erste offizielle Gegenkandidatin von Alexander Wrabetz. Als Channelmanagerin von
ORF 1 sammelte sie Erfahrung beim Reformieren von Sendern und gilt als absolute Medienexpertin. „Ich bin quasi ein Produkt des ORF“, erklärt Totzauer im Video. Sie habe als Reporterin angefangen und wisse, was es braucht: „Einen starken, öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit unabhängigen Journalisten, auf die Sie sich verlassen können“, spricht sie das Publikum direkt an. Der ORF müsse ein Medium sein, „das für alle da ist“.
In den kommenden Jahren müsse der ORF „auch bei sich sehr viel verändern“. Die Herausforderung beschreibt sie als große Chancen. Eine Transformation sei notwendig, „damit auch unsere Kinder noch Programme made in Austria schätzen können, egal auf welchem Ausspielkanal“.
Totzauer wird dem bürgerlichen Spektrum zugeordnet – kein Nachteil, wenn im Stiftungsrat die ÖVP-nahen Mitglieder eine Mehrheit besitzen. Sie werde „immer nach bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen im Sinne unseres
Ich habe als Reporterin angefangen, im Radio, Fernsehen und digital. Daher weiß ich, was es braucht.
Lisa Totzauer
Publikums treffen“, betont Totzauer am Ende des Videos. „Ausschließlich Ihnen und dem ORF verbunden und der Unabhängigkeit verpflichtet.“
Die Ausschreibung endet am 28. Juli, noch bis 3. August haben die Stiftungsräte die Möglichkeit, weitere Bewerber nachzunominieren. Konstant im Gespräch bleibt der aktuelle Vizefinanzdirektor des ORF, Roland Weißmann, der bereits an Treffen des türkisen Freundeskreises teilgenommen haben soll. Interesse am Aufstieg wird auch ORF-Onlinechef Thomas Prantner nachgesagt. Neu im Gespräch ist Reinhard Scolik, Programmdirektor Kultur des Bayerischen Rundfunks. Er wird als ein Geheimtipp gehandelt und soll für die ÖVP ein tauglicher Kandidat sein – was letztlich Voraussetzung für eine erfolgreiche Wahl am 10. August ist, wenn eine Mehrheit im 35-köpfigen Stiftungsrat den nächsten ORF-Chef bestimmt.
Der steirische Stiftungsrat Klaus Poier begrüßt das Ansinnen Totzauers, Generaldirektorin zu werden: „Es ist sehr erfreulich, wenn sich viele Leute um diese Position bewerben.“Je mehr gute Bewerbungen, desto besser. Als Channelmanagerin von ORF 1 habe sie „eine sehr schwierige Aufgabe gehabt“, bezieht sich Poier auf den seit Jahren kriselnden Sender. Bei der Frage nach den Chancen Totzauers winkt Poier ab. Es sei zu früh, noch kenne man weder weitere Bewerber noch Totzauers Bewerbung, sagt der Politikwissenschaftler.
Wahrscheinlich ist, dass sich demnächst noch mehr Bewerber aus der Deckung trauen. Die Chancen von Wrabetz dürften mit Totzauers Bewerbung hingegen gefallen sein.