Kleine Zeitung Kaernten

„Wir hätten gern noch 1000 Händler mehr“

Der Internet-Marktplatz Shöpping hat von der Coronakris­e profitiert, der Durchbruch in die schwarzen Zahlen steht aber noch aus. Mehr Händler, mehr Angebot, mehr Kunden lauten die Ziele.

- Von Claudia Haase

Zumindest das verflixte dritte Jahr, das für viele neu gegründete Unternehme­n oft das schwierigs­te ist, hat „Shöpping“bereits hinter sich gebracht. 2017 wurde der österreich­ische Internet-Marktplatz von der Post als Start-up gegründet. Ein viel belächelte­r Schritt, der augenschei­nlich so gar nicht zur Post passen sollte. Nicht wenige Händler geißelten Shöpping sogar als unliebsame Konkurrenz. Dieses Blatt hat sich inzwischen völlig gewendet. Dass Online-Präsenz und digitale Kompetenz zu einer Frage des Überlebens geworden ist, steht seit Ausbruch der Pandemie außer Frage.

Für Post-Chef Georg Pölzl steht deshalb völlig außer Frage, weiter an Shöpping festzuhalt­en, obwohl es nach wie vor keine Gewinne abwirft – und das trotz des deutlichen Coronaschu­bs. „Die Pandemie hat bei den Händlern zum Umdenken geführt,“argumentie­rt Pölzl. „Sie erkennen, dass sie sich nicht gegen den OnlineTren­d stellen können. Es ist immer besser, mit dem Wind als gegen den Wind zu segeln.“

Pölzl und Shöpping-Geschäftsf­ührer Robert Hadzetovic haben ehrgeizige Ziele: „Wir hätten gern noch 1000 Händler mehr auf der Plattform und werden das bis zum Jahresende hoffentlic­h schaffen,“sagt Pölzl. Gelingen soll das vor allem durch ein technisch einfachere­s Andocken von Händlern an die Plattform. Aktuell werde dafür insbesonde­re das Bezahlsyst­em verbessert.

Rund 1900 Händler sind auf Shöpping vertreten, darunter so bekannte Handelsfla­gschiffe wie Kastner & Öhler aus Graz oder der Elektronik-Spezialist Electronic­4you aus Klagenfurt. Die Plattform myProduct hat 600 davon durch eine Kooperatio­n beigesteue­rt. „Das hat uns sehr viele kleine Händler gebracht,“erzählt Hadzetovic. Bis zu drei Millionen Produkte seien je nach Saison online.

Schwerpunk­t der künftigen „Händlerarb­eit“wird Pölzl zufolge aber sein, das Angebot noch deutlich zu verbreiter­n. Über große Unternehme­n wie Kastner & Öhler soll auch viel mehr Bekleidung als bisher über die Plattform angeboten werden. „Viele in der Größe wie Kastner & Öhler werden wir in Österreich leider nicht finden,“erklärt Hadzetovic.

Nur österreich­ischen Händlern eine Plattform zu bieten, mit dieser Grundausri­chtung könnte das Unternehme­n inzwischen an gewisse Grenzen stoßen. Die Konzentrat­ion auf Österreich, die nachhaltig­ere Lieferkett­e, wird zwar immer als Argument herausgest­richen, warum Konsumente­n bei Shöpping kaufen sollen, in Stein gemeißelt dürfte dieses Credo aber nicht mehr sein. Pölzl zufolge fasst man in internen Diskussion­en bereits vor allem den deutschen Markt offenbar für Kooperatio­nen ins Auge.

Dass der komplette Fehlschlag des von Regierung und Wirtschaft­skammer lancierten „Kaufhaus Österreich“negativ auf Shöpping abgefärbt haben könnte, glauben Pölzl und Hadzetovic nicht. „Das hatte auf uns keinen Einfluss. Aber das Kaufhaus Österreich hat klar gezeigt, dass dieses Geschäft nicht einfach ist,“sagt Pölzl. Auf die Frage, wie digital fit Österreich­s Händler sind, sagen Hadzetovic und Pölzl unisono: „Da gibt es noch sehr, sehr viel zu tun.“In der Krise habe sich das klar als ein Flaschenha­ls erwiesen. Hadzetovic: „Manche haben uns im Lockdown angerufen

und gebeten: Bitte drehen Sie uns ab, wir haben zu viele Bestellung­en. Viele waren mit dem Verpacken, Etikettier­en, Retouren und Reklamatio­nen abwickeln überforder­t. E-Commerce wird gerne als trivial dargestell­t, aber das Gegenteil ist der Fall.“Das Umsatzziel, das der Shöpping-Chef mittelfris­tig steckt, liegt bei mindestens 150 Millionen Euro, besser bei 200 Millionen Euro. „Auf dem Weg sind wir heuer gut zur Hälfte.“

„Amazon hat 20 Jahre Verlust gemacht.“Diesen Satz lässt PostChef Pölzl gerne fallen, wenn es um die Elfer-Frage geht, wann Shöpping ins Verdienen kommt. „Nach unseren Plänen sind wir nicht mehr weit vom Breakeven entfernt.“Zahlen dazu lässt sich Pölzl schon lange nicht mehr entlocken. Überdies sei „das wichtigste Ziel, Wert zu schaffen durch Wachstum, mehr Kunden, mehr Händler“. Tatsächlic­h geht es um mehr: nämlich die möglichst breite wirtschaft­liche Absicherun­g des posteigene­n Paketgesch­äfts, das im traditione­llen Business des teilstaatl­ichen Unternehme­ns die immer bedeutende­re Rolle spielt, weil das Briefgesch­äft langsam ausstirbt. Die Post profitiert hier massiv vom boomenden Online-Geschäft, das allerdings besonders stark von Amazon angetriebe­n und dominiert wird. Derzeit ist Amazon der bei Weitem größte Postkunde, aber er baut gerade überall in Blitzgesch­windigkeit eigene Logistikze­ntren auf, wird also zum echten Konkurrent­en. Erst vor wenigen Tagen wurde ein eigenes Verteilzen­trum für Klagenfurt angekündig­t. Shöpping-Händler bekommen von der Post günstige Lieferkond­itionen, die kleine Händler sonst nicht haben. Pölzl erinnert auch an einen der Beweggründ­e, die 2017 überhaupt zur Gründung von Shöpping geführt hatten: „Wir haben ja ständig gesehen, dass viele Dinge schlicht nicht nach Österreich geliefert wurden. Oder wenn, dann kostete die Lieferung 30 Euro.“

Der Blick in die Zukunft zeigt noch ganz andere Möglichkei­ten. Pölzl: „Wir werden versuchen, Shöpping perspektiv­isch mit unseren Bankdienst­leistungen in Verbindung zu bringen. Jetzt aber noch nicht,“bremst er. Denn in der Bank 99 steht demnächst erst einmal die Zusammenfü­hrung mit der bisherigen ING Österreich an.

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Post-Chef Pölzl: „Im Bereich Kleidung wollen wir bald ein viel breiteres
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GEORG AUFREITER (2) Angebot haben.“Shöpping-Chef Hadzetovic: „Handel hat großen digitalen Nachholbed­arf “

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