Chip, Chip, hurra
Österreich kann sich gerade über große Investitionen in der Mikroelektronikindustrie freuen. Nach Infineon sorgt jetzt AT&S für ein kräftiges Lebenszeichen in Europa.
Es musste erst eine Pandemie kommen, die zeigt, wie sehr uns Chips fehlen. Nicht die krachenden vor dem Fernseher, sondern die im Fernseher und all den anderen Dingen, die mit ihnen funktionieren und die wir jetzt teilweise nur mit ungewohnt langen Lieferzeiten neu kaufen können (nicht immer müssen).
Da ist es viel mehr als ein leuchtender Hoffnungsschimmer, wenn die in Europa totgesagte Mikroelektronik-Industrie ein kräftiges Lebenszeichen von sich gibt. Erst in Villach bei Infineon, jetzt in Leoben bei AT&S. Bei beiden Konzernen geht es um Technologien, die genau so kein oder kaum ein anderer auf der Welt in großem Stil beherrscht. Lebende Beweise, dass aufwendige Forschung und Entwicklung in Europa grundsätzlich sehr gut aufgehoben ist und gedeihen kann.
Es ist auch kein Zufall, dass AT&S nach einer Serie von Mega-Investitionen in Shanghai und Chongqing in China den nächsten großen Schritt für eine 1,7 Milliarden Euro teure Fabrik jetzt in Malaysia setzt. Da geht es um die Vermeidung zu großer Risiken nach dem
claudia.haase@kleinezeitung.at
Grundsatz, nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Zudem ist angesichts des drakonischen Vorgehens der kommunistischen Machthaber in China gegen zu groß werdende TechKonzerne das Thema Rechtssicherheit in der Volksrepublik leider mit so großen Fragezeichen zu versehen wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) nennt auch ein anderes gravierendes Problem beim Namen: Schutz von geistigem Eigentum, einzigartigem Know-how. Beim Wirtschaftskrieg zwischen China und den USA geht es ganz zentral um dieses Thema – und damit nicht zuletzt um Freiheit und Unabhängigkeit. Grundwerte, die immer enger mit Technik verknüpft oder fast von ihr abhängig sind.
Wenn gerade wieder zwei strategisch wichtige Unternehmen als letzte ihrer Art in Europa – eines in Deutschland, das andere in Großbritannien – nach Taiwan und in die USA verkauft werden sollen, leiste sie in Berlin und Brüssel massiv Widerstand, so Schramböck.
Hannes Androsch, der nur zu gut weiß, wie eng der Erfolg von AT&S auch mit den Standorten vor allem in China verwoben ist, bringt mit Altersweisheit das Grundproblem, das sich Europa über Jahrzehnte eingehandelt hat, auf den Punkt: „Wenn man so rückständig ist, kommt man mit Isolation nicht weit.“Die Investition von einer halben Milliarde bei AT&S in Leoben gebe es nicht ohne die Massenfertigungen in Asien. Im Konflikt China-USA gehe es für Europa darum, sich ein Mindestmaß an digitaler Souveränität zu bewahren. n der EU legt man für genau dieses Ziel derzeit viele Hebel um. Es hakt aber offenbar noch an vielen Stellen, glaubt man Infineon-Boss Reinhard Ploss und AT&S-Chef Andreas Gerstenmayer. Brüssel sollte den – von großem Erfolg gekrönten – Weitblick beider nutzen. Signale von Leuchttürmen zu missachten, wo sonst nicht viel zu sehen ist, wäre töricht.
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