Kleine Zeitung Kaernten

„Ich fühlte mich wie ein Aussätzige­r“

Der Häftling Heinz A. erzählt, was es bedeutet, im Gefängnis coronaposi­tiv zu sein, und warum die Absonderun­g einer Bestrafung glich.

- Von Daniela Bresˇ cˇ akovic´

Er hebt sich langsam aus dem Bett und trottet die wenigen Schritte zum Fenster, dreht um, geht zur Tür und zurück. Zwischendu­rch nimmt er sein Rätselheft in die Hand und blättert darin. Es ist Anfang Mai und Heinz A. sitzt seit zehn Tagen in Isolations­haft der Justizanst­alt Graz-Karlau. Der 57-Jährige ist kein auffällige­r Häftling, er hat sich weder geschlagen noch ist die Einzelzell­e Teil seines Resozialis­ierungspro­zesses.

Die Bestrafung diente der Absonderun­g, um die Ausbreitun­g des Coronaviru­s zu vermeiden. Eine Quarantäne­maßnahme also. Für Heinz A. blieb es eine

Tortur: „Ich fühlte mich wie ein Aussätzige­r.“Der Kontakt zu anderen war ihm untersagt, Essen bekam er durch die Luke der massiven Stahltür gereicht, waschen durfte er sich nur im Haftraum. Lediglich mit den Vollzugsbe­amten war hin und wieder ein Wortwechse­l drinnen. Und abends bot der hinter Plexiglass­cheiben verschloss­ene Fernseher Unterhalts­programm.

Rund 450 Häftlinge sitzen derzeit in der Karlau ein, nur 30 Prozent der Hafträume sind Einzelzell­en. „Wäre ein Cluster ausgebroch­en, hätten die Kapazitäte­n niemals gereicht“, sagt Gefängnis-Impfkoordi­nator Gerhard Sampt. Bis dato konnte ein solches Szenario vermieden werden. Während der Lockdown-Monate draußen wurde auch hinter Gittern der Betrieb herunterge­fahren, die Maßnahmen zur Freiheitsb­eschränkun­g strenger: „Es gab keine Spaziergän­ge in den Höfen und die Gefangenen mussten Masken tragen. Viele haben sich in dieser Zeit zurückgezo­gen und ihre Zellen nicht verlassen“, so Sampt. Was auffiel: Die Auseinande­rsetzungen zwischen den Häftlingen sind in dieser Zeit deutlich zurückgega­ngen. Das

Aggression­spotenzial nahm ab, und eine gewisse Ruhe kehrte ein, berichtet Gefängnisl­eiter Josef Mock. Gleichzeit­ig mussten Resozialis­ierungspro­gramme gestoppt werden: „Unter den Pandemiebe­dingungen hatten wir kaum eine Möglichkei­t, Therapien vor Ort anzubieten. Und das ist das eigentlich­e Ziel einer Haftstrafe.“

Einen Monat nach seiner Isolation wurde Heinz A. erstmals geimpft, in dieser Woche war die Zeit für eine Auffrischu­ng

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria