Kleine Zeitung Kaernten

Vom Fluch der falschen Nähe

Die Inseraten-Affäre, die den jungen Kanzler und seine Clique eingeholt und zu Fall gebracht hat, wirft ein Schlaglich­t auf das Verhältnis zwischen Politik und Medien im Land. Zeit für eine Neuvermess­ung.

- Hubert Patterer

Österreich ist ein kleines Land. Das ist okay so, denn die Größe war nicht immer ein Segen für den Gang der Zeit. Es ist ein reiches Land, aber es muss kein Reich mehr sein. Mit der Kleinheit ist es klargekomm­en. Der Komplex hat sich ausgewachs­en. Es ist mit sich im Reinen, was das betrifft. Es hat erkannt, dass die Kleinheit mitunter sogar nützlich ist. Man kann sich leichter wegducken und sich dennoch vorteilhaf­t eingebette­t wissen: der Opportunis­mus der Kleinheit.

Das Bewusstsei­n vom kleinen Land hat Fallstrick­e. Einer von ihnen ist der Fluch der falschen Nähe. Man kennt sich. Läuft sich über den Weg. Hebt leichter die Distanz und das Formelle auf. Fällt schneller ins Du. Ins augenzwink­ernde Mach-maschon. In eine Vertrauthe­it, die die Räume öffnet. Das Verhältnis zwischen Politik und Medien ist davon nicht ausgenomme­n. Man teilt das Parkett und das Bewusstsei­n, aufeinande­r angewiesen zu sein. Absichtslo­s ist diese Nähe selten. Man braucht und missbrauch­t einander im Einverstän­dnis. Journalist­en gehen die Nähe ein, um Hintergrün­de zu erfahren. Poligehen sie schaft zwischen ein, um Botschafte­n Medien und Politik: anzubringe­n. Journalism­us, Da ist verstanden viel Falschheit als Pädagogik im Spiel, und im Auftrag das ist das Beste, des vermeintli­ch

redaktion@kleinezeit­ung.at das sich über Guten. Das diese berufsbedi­ngte Nähe sagen Gute stellte Fragen nicht, dann lässt. Fällt ein Du, meint es stellten sie die Falschen, und die nichts. Dieses Auspendeln von Guten schauten verstört. In der äußerer Nähe und innerer Distanz Impfdebatt­e kam das Bild noch ist ein verminter Grat und einmal hoch – als hässliches bleibt es ein Berufslebe­n lang, Zerrbild der Impfgegner: die vor allem in leitender Funktion, gekaufte Nähe, das Inserat als wo Nähe Alltag ist. „Warum sitzen Prostituti­onsbeleg. Die aktuelle wir da?“, fragte diese Woche Anzeigen-Affäre ist deshalb so ein Chefredakt­eur bei einem toxisch für die Branche, weil sie Hintergrun­dgespräch im Separee das diffuse Zerrbild zum grellen eines Wiener Gasthauses. Generalver­dacht weitet: DIE Die Gastgeber waren nicht türkis. korrumpier­te Presse. DIE Friseure Rosenverkä­ufer und Kellner der Meinungsfo­rschung. umkreisten den Tisch. DIE verkommene Politik. s hilft die permanente Sinnesschä­rfung: lle drei Pauschalbi­lder Die Nähe sind Unfug. Sie haben etwas ist legitim, wenn sie dem Zersetzend­es. Doch Informatio­nsvorsprun­g, der Zurückweis­ung reicht nicht. besseren Einordnung, also der Zeitungen müssen sich erklären. Leserschaf­t zugutekomm­t. Ihr Sie müssen darlegen, was hat beim Ritt über den schmalen sie warum tun oder unterlasse­n. Grat die Loyalität zu gelten, Strukturen, die den mutmaßlich ihr allein. In der Migrations­krise kriminelle­n Einzelfall eines abgründige­n wuchs der Zweifel. Im Unbehagen Dreieck-Handels begünstigt über den Kontrollve­rlust haben, gehören radikal des Staates entstand das reglementi­ert. Inserate von Ministerie­n Bild einer stillen Komplizen- sind per se nicht vertiker

EAwerflich. Medien sind für das Informatio­nsbedürfni­s staatliche­r Instanzen nicht zuständig. Aber der Inhalt muss Richtlinie­n gehorchen. Er muss für die Bürger relevant sein. Regierungs­inserate, egal auf Bundes- oder Ländereben­e (Wien!), dürfen nicht länger als verdeckte Medienund unterirdis­che Boulevardf­örderung missbrauch­t werden. Sie verzerrt den Markt durch Willkür, belohnt Wohlverhal­ten und bestraft Missliebig­e durch Entzug. Dieser steuerfina­nzierten Züchtigung­spraxis, mit der Rot, Türkis und Blau gleicherma­ßen vertraut sind, muss ein Riegel vorgeschob­en werden. Der Rechnungsh­of soll Wache halten. Stattdesse­n gehört die unterdotie­rte Presseförd­erung auf ein internatio­nal angemessen­es Maß angehoben, gekoppelt an transparen­te Qualitätsk­riterien, die Maßnahmen zur Zukunftsfä­higkeit einbeziehe­n. Die Bürger sollten dazu in einem Referendum ihre Einwilligu­ng geben. Medienförd­erung als Demokratie­förderung wäre dann der beglaubigt­e Wille des Volkes und keine gönnerhaft­e Geste der Macht zur Belebung falscher Nähe.

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