Republik haftet für Schuss-Unfall
Milizsoldat schoss einen Rekruten versehentlich an. Das Opfer verlor bei dem Unglück einen Hoden. Höchstgericht entschied jetzt, wer dafür haftet.
Für einen jungen Soldaten endete der Grundwehrdienst schmerzhaft: Ein Vorgesetzter schoss ihm versehentlich in den Oberschenkel bzw. in die Leistengegend. „Es kam zu einer Durchschuss-Verletzung im Genitalbereich mit Verlust des rechten Hodens“, steht in den Gerichtsakten.
Wer haftet für die Folgen des Schuss-Unfalls? Wer wird dem Verletzten Entschädigung zahlen? Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat jetzt entschieden, dass die Republik haften muss.
Der Vorfall ereignete sich 2019 in Bad Radkersburg. Ein Kärntner, Korporal der Miliz, hat dem damals 20-jährigen Grundwehrdiener aus Oberösterreich in den Genitalbereich geschossen. „In der Folge wurde mein Mandant wegen grob fahrlässiger Körperverletzung zu 1200 Euro Geldstrafe und vier Monaten bedingter Haft verurteilt“, sagt Philipp Tschernitz, der Anwalt des „Schützen“.
Der Klagenfurter war laut eigenen Aussagen übermüdet und dachte, die Pistole sei entladen. So kam es zum lebensgefährlichen Zwischenfall. Nach dem Strafurteil war offen, wer für Dauerund Folgeschäden haftet. Der Rekrut fordert circa 22.000 Euro Entschädigung.
Die Republik lehnte eine Haftung ab. Im Wesentlichen deshalb, weil Dienstgeber bei Arbeitsunfällen eines Dienstnehmers nur haften, wenn es sich um eine „vorsätzliche Schädigung“handelt. Im konkreten Fall fiel der Schuss nicht absichtlich, sondern versehentlich. „Da der Unfall auf einem fahrlässigen Verhalten beruht, bestehe keine Ersatzpflicht“, argumentierte der Bund.
Der OGH betonte aber, dass sich der Bund bei einem Grundwehrdiener nicht darauf berufen kann. Der Rekrut mache den Grundwehrdienst ja nicht freiwillig, sondern werde verpflichtet. Das hat zur Folge, dass Grundwehrdiener bezüglich der Haftung anders zu behandeln sind als normale Mitarbeiter. „Die bei Arbeitsunfällen bestehende Haftungsbeschränkung kann bei Dienstunfällen von Grundwehrdienern nicht angewendet werden“, so der OGH. Deshalb muss die Republik haften.
Die genaue Höhe des Schadensersatzes und Schmerzensgeldes muss jedoch erst ausverhandelt werden. „Ich gehe davon aus, dass die Republik das Geld, das sie für den Rekruten zahlt, später von meinem Mandanten zurückfordern wird“, sagt Tschernitz.