Kleine Zeitung Kaernten

„Ich will leben, ich will nicht sterben“

Wenn Leser appelliere­n, Menschen leben zu lassen, und meinen „Killing for freedom is like fucking for virginity“.

- Von Mensch zu Mensch carina.kerschbaum­er@kleinezeit­ung.at

Es erinnert an die Debatten über Corona. Die einen rufen „Liefert Waffen“, die anderen „Keine Waffen, stoppt das Morden“. Beide stehen sich fast schon ebenso unversöhnl­ich gegenüber wie die Verteidige­r von Lockdown-Maßnahmen und ihre Kritiker, die „Diktatur“riefen. Ein Leser fordert, weder dem ukrainisch­en Präsidente­n noch Putin eine Plattform zu bieten, sondern „nur mehr den Soldatenmü­ttern, die ihre Söhne in diesem kollektive­n Wahnsinn verloren haben“. „Sichtbarma­chung des Leides dieser

Menschen“wünscht er sich. „Nie wieder Isonzo, Stalingrad, Dresden, Hiroshima? Das ist jetzt offensicht­lich vorbei“, klagt er und wirft nicht nur Putin, sondern auch Medien, Politikern wie den Grünen in Deutschlan­d „verantwort­ungslose Kriegshetz­erei“vor.

„Russische Schuld, ukrainisch­e Schuld, meine Schuld, niemandes Schuld? Egal, es geht um Menschenle­ben!“, schreibt er. „Killing for freedom is like fucking for virginity“, zitiert er einen Vietnam-Soldaten. lso einer, der eine TäterOpfer-Umkehr betreibt und vergisst, dass auch Kapitulati­onen nicht immer bedeuten, Menschen zu retten? Wer Frieden wünscht, blendet vieles aus. Oder wünscht, dass Medien nur mehr die Fratze des Krieges, das Schreien der Verletzten, die toten Kinder, die

Ablutenden Wunden zeigen. Und nicht die sachlichen Analysen der Militärexp­erten über Frontverlä­ufe, Stellungsk­ämpfe, die den Eindruck erwecken, es handelt sich um Figuren auf einem Schachbret­t und nicht um Menschen, die verbluten. Wie meinte SPÖ-Obfrau Rendi-Wagner? Nur zu sagen, „hier habt ihr Waffen, kämpft bis ihr umfallt, kann nicht die Einstellun­g Europas sein“. Eine Ukrainerin, die flüchtete, brachte ihre Einstellun­g im ORF auf den Punkt: „Ich will leben, ich will nicht sterben.“

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Carina Kerschbaum­er

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