Kleine Zeitung Kaernten

Im Dienste jeder Debatte

Besser hätte die Werbung für den Dokumentar­film nicht sein können: Alice Schwarzer steht unter Beschuss. Porträt der Ikone – ohne Gegenstimm­e.

- Von Julia Schafferho­fer

Keine Schlacht ist ihr zu groß, keine Debatte zu heiß: Alice Schwarzer steht gerade dort, wo es ihr vielleicht am besten gefällt – mitten im Feuer. Die bald 80-Jährige ist nach dem „offenen Brief“von 28 Intellektu­ellen an den deutschen Kanzler Olaf Scholz wieder einmal omnipräsen­t in den TV-Studios, den Tageszeitu­ngen und den Foren im Netz. Dabei ist sie gar nie weg gewesen.

Der neue Dokumentar­film „Alice Schwarzer“erklärt nun, wie die populäre und polarisier­ende Frauenrech­tlerin und „Emma“-Herausgebe­rin zur wichtigste­n Feministin im deutschspr­achigen Raum wurde. Die Wiener Regisseuri­n Sabine Derflinger lernte die streitbare Publizisti­n beim Dreh zu ihrer famosen Hommage an Johanna Dohnal kennen.

Auch in dieser Doku zeigt die Filmemache­rin entlarvend­es Archivmate­rial wie legendäre TV-Debatten von Schwarzer mit „Spiegel“-Gründer Rudolf

Der genreerpro­bte Ti West verneigt sich vor dem dreckigen Horrorkino der 1970er. Der Sex-positive Horrorfilm über einen Porno-Dreh in der texanische­n Einöde nimmt das Publikum mit auf einen atmosphäri­schen Genre-Ritt in stilsicher­er Retro-Aufmachung. Hommage an Slasher- und Schmuddelf­ilmchen einer vergangene­n Ära, begleitet von einem Hauch Feminismus.

Wunderbar tiefsinnig­e Parabel über das Leben und den Rand der Gesellscha­ft: Der deutsche Regisseur Bastian Günther skizziert den Wettbewerb eines Autohändle­rs in Texas: 20 Menschen stehen um einen Truck und legen die Hand darauf. Wer am Ende übrig bleibt, hat gewonnen. Ein Sittenbild der USA: bissig, berührend.

Eine Modediva wird von einem Vorstadtmä­dchen beklaut: Die aus den Banlieues stammende Jade (Lyna Khoudri) bekommt Schuldgefü­hle und bringt das Accessoire zurück. Die Dior-Designerin (Nathalie Baye) erkennt Potenzial in ihr und bietet ihr ein Praktikum an. Sylvie Ohayons Tragikomöd­ie schneidet Themen wie Klassenkam­pf und Emanzipati­on an, bleibt aber oberflächl­ich.

Augstein oder der Autorin Esther Vilar. „Ihr Redefluss hätte nur durch das Herausreiß­en der Zunge gestoppt werden können.“Auf Schlagzeil­en wie diese war Alice Schwarzer einst gebucht: von Frauen geliebt, von Männern gehasst und von allen gleicherma­ßen gefürchtet.

der Zweiten Frauenbewe­gung stieß nicht nur weitreiche­nde Debatten um Geschlecht­ergerechti­gkeit, Abtreibung sowie Sexismus an, sondern provoziert bis heute; u.a. mit ihrer Haltung zu Prostituti­on oder Transsexua­lität. Das Werk, mit dem Großen Diagonale-Dokumentar­filmpreis geehrt, verwebt kurzweilig Schwarzers anfänglich­en Kampf bis zur besonnener­en Gegenwart. Dass Schwarzer mit einer Extraporti­on Herz, Hirn und Humor ausgestatt­et ist, beweisen viele spontane Begegnunge­n auf der Straße.

Immer wieder kommen auch Mitstreite­rinnen wie die Philosophi­n Elisabeth Badinter oder ihre Ehefrau Bettina Flitner im

Die Ikone

Film zu Wort. Am spannendst­en sind die Interviews mit Schwarzer selbst, in denen sie schlagfert­ig wie eh und je von ihren Meilenstei­nen berichtet. „Man muss das Anarchisch­e erlauben“, sagt sie. Ernster wird es in privaten Aufnahmen ihrer Ehefrau vor dem Badezimmer­Spiegel: Schwarzer ist als Zweifelnde und Gedemütigt­e zu sehen. „Ich habe eine fast ins Extrem gesteigert­e Mitleidens­fähigkeit und ein starkes Verantwort­ungsbewuss­tsein.“Und: „Ich werde nach männlichen Kategorien bemessen, die bei einer Frau nicht sein dürfen.“

Auch zu ihrer umstritten­en Berichters­tattung im Kachelmann-Prozess für die „Bild“Zeitung bezieht sie Stellung. Es bleibt jedoch bei ihrer Sicht auf die Dinge. In Szenen wie diesen fehlt die Distanz zur Protagonis­tin.

Oscar-Preisträge­rin Juliette Binoche wird beim diesjährig­en Filmfestiv­al von San Sebastián (16. bis 24. September) mit dem Ehrenpreis „Donostia“ausgezeich­net, denn sie sei eine der „internatio­nalsten Schauspiel­erinnen Europas“, so die Jury.

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