„Graue Maus“bringt Farbe in die Serie A
Nach sieben Runden lacht Udinese Calcio von Platz drei der Serie A in Italien. Ein Osttiroler zieht im Mittelfeld die Fäden.
Vor zehn Jahren, genauer gesagt im Herbst 2012, stand das friulanische Fußball-Aushängeschild Udinese Calcio zuletzt in einer europäischen Gruppenphase. Nach einem fulminanten dritten Platz in der Liga, den Kicker wie Alexis Sanchez, Antonio Di Natale oder Samir Handanovic mit Udine erreichten, durfte man sich mit Liverpool, den Young Boys Bern und dem damals neureichen Russen-Klub von Anschi Machatschkala messen. Nach dem darauffolgenden Platz fünf in der Liga 2013 und einem Aus in der Europa-League-Quali gab es kein „Fuarce Udin“, also „vorwärts Udine“im Dialekt von Kärntens
Nachbar-Region – abgeleitet von „Forza Udine“–, mehr auf internationaler Ebene zu hören. Im Gegenteil, der Alltag hieß seither stets Abstiegskampf.
Doch plötzlich beginnen die italienischen Fans, die bekanntlich weder zu Bescheidenheit noch zu sonderlicher emotionaler Fassung in Verbindung mit ihren Lieblingsfarben geneigt sind, wieder zu träumen. Nach sieben Runden in der Serie A steht Udine in einer tabellarisch engen Meisterschaft überraschend auf Tabellenplatz drei hinter Atalanta Bergamo und Napoli. Mit Meister Milan (5.), Roma (6.), Inter (7.) und Juventus Turin (8.) lässt das Team von Neo-Trainer Andrea Sottil, von 1999 bis 2003 selbst Udinese-Spieler, aktuell nahezu alle prägenden Großklubs der vergangenen Jahre hinter sich. Nach einem holprigen Start (2:4 bei Milan, 0:0 gegen Salernitana, Anm.) begann das Werkl zu laufen. Udine gewann die vergangenen fünf Spiele in Folge, dabei stachen ein 4:0 gegen Jose Mourinhos Roma und ein 3:1 gegen Inter heraus. Der 48-jährige Sottil hat also richtig eingeschlagen, kam ohne ErstligaTrainererfahrung von Ascoli (Serie B) nach Udine und trifft momentan genau die richtigen Töne. „Wir verdienen unsere Siege im Moment, können auch stolz sein, aber wir werden nicht übermütig werden“, bleibt der Übungsleiter zudem auf dem Boden der Realität, wie er im Gespräch mit „DAZN“zuletzt verdeutlichte.
Dem Trainer gelang es im Sommer recht schnell, aus einer Mannschaft mit ganzen 14 Neuzugängen eine Einheit zu formen, die großen Stars sucht man in der Truppe vergebens. Großen Anteil hat der defensive Mittelfeldspieler Sandi Lovric, der Osttiroler agiert als „Staubsauger“in der Zentrale, sieben Gegentore sind auch immerhin der sechstbeste Wert der Liga. Noch besser funktioniert indes die Offensive, mehr als Udines 15 Saisontreffer hat keine Mannschaft Italiens vorzuweisen. Vorne knipst vor allem der für sieben Millionen von Portugals Erstligisten Portimonense gekommene Mittelstürmer Beto (24), schon im Vorjahr auf Leihbasis in Friaul aktiv. Der Portugiese hält bei
vier Treffern, Sturmpartner Gerard Deulofeu, der etwa schon für Barca, Sevilla oder Milan kickte, hält bei fünf Assists.
Die Freude ist auch beim Kärntner Fanklub „Udinese Club Carinzia“groß, der etliche Abobesitzer zählt. „Seit 28 Jahren fahre ich nach Udine, so einen modernen Offensivfußball mit hohem Pressing habe ich da noch nie gesehen, der neue Trainer hat viel bewirkt, das Zuschauen macht richtig Freude“, strahlt Obmann Anton Achatz aus Feistritz/Gail. Ob man heuer wirklich größer träumen darf? „Das Team agiert als Einheit, ist auch körperlich top drauf, es ist kein Zufall, dass wir oben stehen. Das Stadion ist auch wieder voll, die Euphorie ist da. Wenn das so weitergeht, dürfen wir schon auf den Europacup hoffen.“
Am 3. Oktober geht es in Verona weiter und Udine kann sich konzentriert vorbereiten, muss „nur“drei Aund drei U21-Teamspieler in der Pause abstellen.