Sind Insekten das ethisch bessere Essen?
Ja, in Anbetracht der ökologischen Folgen unseres Fleischkonsums und des damit verbundenen Tierleids spricht vieles dafür, Insekten in der Ernährung eine Chance zu geben. Das könnte auch kulinarisch neue Welten eröffnen.
In Schnitzel und Co zu beißen, ist manch Tierwohlbedachten und Umweltbewussten nicht nur ein Leckerbissen, sondern auch ein Gewissensbiss. Dennoch wollen viele nicht darauf verzichten, „weil es so gut schmeckt“. Das war auch meine Einstellung bis 2017. Damals hat der australische Philosoph Peter Singer bei einem Vortrag in Graz die Frage aufgeworfen, was man denn als Einzelner tun könne, um das Leid (nicht nur jenes von Menschen) auf der Welt zu minimieren. Niemand ist verpflichtet, sich diese Frage zu stellen. Wer es aber tut, findet einen potenten Hebel in der Ernährung.
Sie werden sich vielleicht fragen, wieso der Vegetarier für das Verspeisen von Insekten plädiert. Das hat mich auch meine Kollegin gefragt. Sie findet die Vorstellung, Insekten zu essen, ekelhaft. Doch ob Mehlwürmer, Mücken oder anderes Getier – unwissentlich machen wir das ohnehin öfter, als man denkt, weiß der Ökologe Johannes Gepp. Dazu muss man nicht einmal ein besonders freundlicher Radfahrer sein, ergänzt er.
Berührungsängste lassen sich mit etwas Offenheit ablegen, eine gute Zubereitung hilft dabei nicht nur, sondern kann sogar neue kulinarische Welten eröffnen.
Aber Insekten sind doch auch Tiere! Mit dieser Bemerkung hat die Kollegin ins Schwarze getroffen. Nachdem der EkelAspekt vom Tisch ist, ist dieses Thema für „Moral-Vegetarier“ein zentrales und höchst umstrittenes. Doch im Vergleich zum „normalen“Fleischkonsum ist die Sache klar.
Ob oder wie empfindungsfähig Insekten sind, hängt von der Art ab, hier darf man nicht alle in einen Topf werfen (dazu wäre mir auch kein Rezept geläufig). Die Frage bedarf weiterer und intensiver Forschung. Doch vieles deutet darauf hin, dass das Leid von sterbenden Schweinen, Hühnern oder Rindern nicht mit jenem von Insekten vergleichbar ist – fehlt es diesen doch schon an einem zentralen Nervensystem.
Während sich zahlreiche Insektenarten von Natur aus auf engsten Raum zu Tausenden tummeln (und so auch zur Lebensmittelherstellung gehalten werden könnten), könnten Mastbetriebe der fleischverarbeitenden Industrie von artgerechter Haltung (mit wenigen Ausnahmen) weiter nicht entfernt sein.
Auch der ökologische Aspekt spricht deutlich für das große Krabbeln am Teller (sorry, falls der Ekel jetzt wieder zurück ist). Im Vergleich zu einer Grillenmahlzeit müssten Sie drei Mal so viel Steak essen, um gleich viel Proteine aufzunehmen. Das Steak kommt aber mit dem Vielfachen an Ressourcenverbrauch und CO2-Emissionen.