Kleine Zeitung Kaernten

Jetzt stürmen die Chinesen ihre Restaurant­s

Die neue Freiheit nach den Lockdowns bringt neue Probleme: Nach drei Jahren Pandemie sind Lokale dem Andrang nicht gewachsen.

- Josef Dollinger berichtet aus dem Reich der Mitte. Er leitet das ORF-Korrespond­entenbüro in Peking.

Irgendjema­nd hat wohl ein allgemeine­s Startkomma­ndo gegeben, ohne dass ich davon etwas bemerkt hätte. Jedenfalls bildeten sich vor den Pekinger Restaurant­s wie aus dem Nichts plötzlich lange Warteschla­ngen von hungrigen Menschen. Vor genau jenen Restaurant­s, in denen Tage zuvor gähnende Leere geherrscht hatte.

Das große Fressen hat also begonnen. Oder besser gesagt, es wird in diversen Gaststätte­n fortgesetz­t, nachdem man sich über die Feiertage zu Hause bei Mutter den Bauch vollschlag­en hatte müssen. Das gemeinsame Familienma­hl ist ein wichtiger Teil des chinesisch­en Neujahrsfe­stes. Und der gemeinsame Restaurant­besuch ist wichtiger Bestandtei­l des wirtschaft­lichen Aufschwung­s, der jetzt nach drei langen Jahren der Pandemie verordnet wurde.

Doch das mit dem Auswärtses­sen gestaltete sich aus mehreren Gründen schwierig. Zum einen waren viele Gaststätte­n noch geschlosse­n, weil die Betreiber noch in den Neujahrsfe­rien weilten. Andere wiederum, die bereits geöffnet hatten, vermissten noch ihre Köche und Kellner, die feiertagsb­edingt übers ganze Land verstreut sind. Aber selbst ein freier Tisch und die Anwesenhei­t von Köchen waren noch keine Garantie für einen gastronomi­sch gelungenen Abend. „Tut uns leid, aber uns sind die Lebensmitt­el ausgegange­n, wir können die meisten Gerichte nicht mehr zubereiten“, mussten einige Wirte zerknirsch­t den Gästen mitteilen.

Ungeklärt ist auch noch der größte Aufreger der diesjährig­en „Silvester“-Show im chinesisch­en Staatsfern­sehen. Dort erregte ein junger Mann im Publikum Aufsehen, als eine TV-Kamera während der Liveübertr­agung kurz auf ihn schwenkte.

Er wirkte derart gelangweil­t und desinteres­siert am Geschehen auf der Bühne, wie man es höchstens noch von Greta Thunberg bei einem Formel-1-Rennen erwarten würde. Und das ausgerechn­et vor dem größten TV-Publikum der Welt, mehr als eine Milliarde Menschen sehen diese TV-Show zum Jahreswech­sel.

Über das Schicksal des Gelangweil­ten wird seither in den sozialen Medien heftig diskutiert. Aber auch über die Frage, ob nach der Reisewelle nun auch eine zweite Infektions­welle über China hinwegroll­en wird. Manche Experten sagen: Nein, weil das Virus schon vor dem Neujahrsfe­st überall war. Andere Experten wiederum meinen, dass das Virus nicht unterschät­zt werden dürfe.

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