„Wünsche mir ein großes Künstlerarchiv“
INTERVIEW. Sie gründete einst die größte Privatgalerie Kärntens, feierte Erfolge mit Kogelnik und Co und hielt auch Rückschlägen stand. Heute ist Judith Walker jugendliche 80 Jahre alt.
Anlässlich ihres 70. Ge- burtstags haben Sie gesagt, dass Sie „noch nie einen rich- tigen Urlaub“gehabt hätten. Hat sich das mittlerweile geän- dert?
JUDITH WALKER: Doch, doch. Ich schaue jetzt, dass ich mich immer wieder für ein paar Tage, am liebsten nach Venedig, losreißen kann. Ein längerer Urlaub ist in nächster Zeit geplant.
Gemeinsam mit Ihrer Tochter Carolin betreiben Sie zurzeit drei Standorte – Schloss Ebenau, den Kunstraum Klagenfurt und den Alten Pfarrhof von Saak. Wie laufen eigentlich die Geschäfte?
Ich bin zufrieden. Von den anderen höre ich nur, dass die etablierten und teureren Künstler sehr gefragt sind.
Was war denn das Teuerste, das Sie jemals verkauft haben?
Das war eine Skulptur von Bruno Gironcoli. Der Preis, das war vor über 20 Jahren, lag im sechsstelligen Bereich. Das hat uns damals sehr geholfen, die Renovierungsarbeiten im Rosental zu finanzieren.
Der 2010 verstorbene Bildhauer war eines ihrer AushänJudith
Bedauern Sie es, dass aus dem geplanten Gironcoli-Museum in Bad Bleiberg nichts geworden ist?
Ja, sehr. Es waren auch andere Standorte im Gespräch, zum Beispiel die Hollenburg. Mein Mann Erich hat sich sehr dafür eingesetzt.
Realisierbar wäre ein solches Museum immer noch, schlummern doch viele von Gironcolis Arbeiten in Depots.
Ja, man könnte immer noch etwas in Kärnten machen, aber da müssten sich jetzt andere darum kümmern.
Mit welchen Künstlern verbinden Sie sonst noch schöne Erinnerungen?
Mit Valentin Oman, Reimo Wukounig, Peter Krawagna, Manfred Bockelmann, Meina Schellander oder Gudrun Kampl. Max Weiler hat zum Beispiel bei uns seinen 88. Geburtstag gefeiert. Auch Paul Flora, Christian Ludwig Attersee oder Bernard Aubertin waren wichtige Kontakte.
Ein Meilenstein Ihrer rund 35-jährigen Karriere als Galeristin dürfte wohl Ihre Zusammenarbeit mit Kiki Kogelnik gewesen sein?
Ja, wobei ich es bedaure, dass
Kiki von vielen auf ihre Glasköpfe reduziert wird. Dabei war sie auch eine großartige Zeichnerin und Malerin. Es freut mich riesig, dass sie zuletzt auf der Biennale präsentiert wurde. Jetzt gibt es auch eine große Ausstellung im Kunstforum Wien.
Mit Kogelnik haben Sie auch schwere Zeiten erlebt, wenn man an den großen Kunstdiebstahl von 1996 im Schloss Reifnitz denkt.
Ja, das war ein großer Schock. Die meisten Arbeiten, die damals gestohlen wurden, stammten zwar von ihr, aber es waren auch Werke von Ettore Sottsass oder Venini-Gläser darunter. Der Schaden war enorm.
Sie waren damals nicht vergeschilder.
sichert und standen am Rande des Ruins. Wie sind Sie wieder auf die Beine gekommen?
Die Tragödie war für mich, dass die Objekte nur für den Standort Klagenfurt versichert waren. Mir hat damals die BKS sehr geholfen. Ich hatte ja erst kurz zuvor mit einem Kredit das Schloss Ebenau gekauft.
Viele der gestohlenen Werke sind später unter mysteriösen Umständen wieder aufgetaucht. Weiß man in der Zwischenzeit mehr über die Täter?
Nein. Mehr als drei Viertel des Diebesguts wurde damals unter einer Brücke in Villach gefunden. Ich habe nicht mehr damit gerechnet. Da waren schließlich 16 Jahre dazwischen. Eigentlich eine unglaubliche Geschichte.
Sie hätten fast selbst eine Karriere als Künstlerin gestartet, wollten ans Max Reinhardt Seminar und auch an die Kunstakademie. Woran ist es letztlich gescheitert?
Ich habe in meinen jungen Jahren gemeinsam mit Manfred Lukas-Luderer Theater gespielt und auch gemalt. Ein Wendepunkt in meinem Leben war die Begegnung mit Karl Bauer. Er hat mich für die Kunst begeistert. Ich
habe bei ihm Malkurse besucht, aber schon bald eingesehen, dass mein Talent für eine Laufbahn als Malerin nicht ausreicht.
Auch als Journalistin hatten Sie hoffnungsvolle Anfänge und durften sogar Stars wie Claudia Cardinale interviewen.
Ja, ich war damals freie Mitarbeiterin der Kleinen Zeitung und habe die Cardinale in Rom besucht. Ich war zwei Stunden bei ihr zu Hause, zu dieser Zeit lief gerade der Film „Der Leopard“in den Kinos. Ich habe mit ihr über alles Mögliche geplaudert. Mein Bericht erschien auf einer Doppelseite. Zu einer zufälligen Begegnung kam es dann auch mit Ingeborg Bachmann. Wir bemühten uns auf der Questura um die Verlängerung unserer Aufenthaltsgenehmigungen. Es war eine schöne, wenn auch nur flüchtige Begegnung.
Eine solche hatten Sie auch mit einem gewissen Leonard Bernstein...
Ja, er hat sich einmal in Villach während des Carinthischen Sommers zu mir und einer Freundin an den Tisch gesetzt. Er rauchte eine Zigarette nach der anderen, trank ein Glas Whiskey nach dem anderen. Nach dem Vortrag von Marcel Prawy, der über seine Komposition „Kaddish“gesprochen hatte, sagte er: „In Amerika hat jeder einen Psychiater. Ich brauche keinen, weil der Prawy weiß alles über mich.“
Hätten Sie einen Wunsch an die Kärntner Kulturpolitik?
Ja, ich wünsche mir ein großes Landeskünstlerarchiv. Regionale Künstlerinnen und Künstler sollten damit die Möglichkeit bekommen, ihre Werke für kommende Generationen zu erhalten. Es könnte eine Art Depot sein, in dem die Kunstnachlässe aufgearbeitet werden und Alleinstehende eine Hilfestellung bekommen.
Werden Sie auch über ihren 80er hinaus als Galeristin tätig bleiben?
Das habe ich zumindest vor. Im Pfarrhof von Saak werden wir heuer eine kleine Ergänzung zu „25 Jahre Museum des Nötscher Kreises“machen. Ich hoffe nur, dass ich gesund bleibe, dass ich noch genug Zeit für mich, meine Familie und die Menschen habe, die mir wichtig sind – und für schöne Kunstreisen. Da möchte ich schon noch ein bisschen was nachholen.