Blick von Bedeutung
Die Aufforderung, den Sitznachbarn, die Sitznachbarin anzusehen, ist mehr als eine nette Geste.
Am Freitag erschien in dieser Zeitung ein Foto, an dem ich mich nicht sattsehen konnte. Es zeigt, wie Vizekanzler Werner Kogler und Bundeskanzler Karl Nehammer einander bei der Angelobung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen anstrahlen. Es ist der Bruchteil einer Sekunde, aber es bringt Freude in das zähe Geschäft der Politik. Mag sein, dass sich die beiden anschließend wieder genervt voneinander abwandten, und ich vergesse auch nicht, dass ich nicht alles toll finde, was die Regierungskoalition unternimmt. Aber ich merke, wie sehr mir das fehlt: Momente der Zugewandtheit und Menschlichkeit im öffentlichen Leben.
Manchen mag die Aufforderung Van der Bellens, der Person neben sich in die Augen zu sehen, lächerlich vorgekommen sein, manche mögen sich wie beim Kindergottesdienst gefühlt haben. Aber wie bedeutsam diese kleine Geste tatsächlich ist, offenbart sich darin, wie schwer sie manchen im Publikum fiel. Für Emmanuel Lévinas war der Blick in das Antlitz eines anderen Menschen existenziell. Der französisch-litauische Philosoph jüdischen Glaubens, dessen Familie von den Nazis ermordet wurde und der selbst nur knapp dem Tod entkam, beschäftigte sich mit der Frage, weshalb der Holocaust geschehen konnte – trotz der Aufklärung mit all ihren humanistischen Idealen. Vereinfacht gesprochen gelangte Lévinas zu der Erkenntnis, dass Gräueltaten möglich sind, weil wir die Verantwortung füreinander an Dritte abgeben, an staatliche Institutionen etwa.
I ch fühle mich daran erinnert, wie ich mit meinem Sohn an einem Obdachlosen vorbeiging. Mein Sohn betrachtete den Obdachlosen und bat mich, ihm Geld geben zu dürfen. Ich vertröstete meinen Sohn damit, dass der Obdachlose sich beim Sozialamt Unterstützung holen könnte, obwohl ich weiß, dass das nicht immer der Fall ist. Anders als ich, die ich es im Alltag vermeide, blickte mein Sohn dem Obdachlosen ins Gesicht.
Diese einfache Geste deutet Lévinas ethisch: Sobald wir jemanden ansehen, erkennen wir dessen Verletzlichkeit. Wir erkennen, dass wir diesen anderen Menschen sogar töten könnten und es genau deshalb in unserer – und nur in unserer! – Verantwortung liegt, es nicht zu tun, uns mehr noch um sein Wohl zu sorgen. In Zeiten, in denen wir alles im Internet erledigen und in der Öffentlichkeit Masken tragen, ist das von besonderer Bedeutung.
Nach der „Frau mit einem Schuh“(TVPremiere 2014) und „Vier“(2022 mit beachtlichen 907.000 Zusehern) kommt am Dienstag der dritte Landkrimi aus Niederösterreich auf den Bildschirm. Mit diesem beendet Regisseur Götz Spielmann eine fast zehnjährige filmische Pause.
„Das Schöne an diesem Format ist, dass der ORF hier ein recht großes Spektrum an Möglichkeiten und Erzählweisen erlaubt.
Man fragte mich, ob mich ein Landkrimi interessieren würde. Und ich sagte schnell: Ja, im Waldviertel bitte!“, erzählt der 62Jährige, der mit „Revanche“seinen größten Erfolg hatte. Mit dem Kinodrama war er 2009 für den Auslands-Oscar nominiert.
Warum aber das Waldviertel? „Ich habe da vor ein paar
Jahren ein Sommerhaus erworben und dadurch auch die Leute in der Gegend kennengelernt. Die Waldviertler Landschaft mag ich schon lange. Das war der Ausgangspunkt, dass ich dort etwas erzählen wollte. Ich habe die Geschichte aus der Landschaft heraus mit ihren Wäldern, Teichen und Schlössern entwickelt“, sagt der gebürtige Welser. Das Ergebnis heißt „Der Schutzengel“und beginnt mit einer Toten im Teich.
die durch diesen Mord oder Badeunfall ihre Bedienstete verliert, wurde die bei den Dreharbeiten im August 2021 84-jährige Nicole Heesters besetzt. Sie darf als „Mutter aller Kommissarinnen“gelten, war sie doch 1978 die erste „Tatort“-Kommissarin. Für den Ermittler vom LKA Niederösterreich