Kleine Zeitung Kaernten

Reportagen vom Wolfspelz bis zum Betongold

- Von Daniel Hadler

Die Gründungsg­eschichte hat schon Legendench­arakter. Der vom „Inlandsrep­ort“gekommene Peter Resetarits und der langjährig­e Auslandsko­rresponden­t Christian Schüller hatten beim jungen ORF-Intendante­n Gerhard Zeiler Werbung für ihre Idee eines neuen Sozialrepo­rtageforma­ts gemacht. Zeiler, bereit, auf dem Küniglberg mit einer umfassende­n Programmre­form umzurühren, ließ sich überzeugen.

Den Namen „Am Schauplatz“erfand Schüller. „Dem sind immer die besseren Titel eingefalle­n“, gesteht Resetarits. Was fehlte? Eine aufsehener­regende Geschichte für die erste Sendung. „Dann sind wir drei Wochen vor der Ausstrahlu­ng traurig in einem Kaffeehaus im 15. Bezirk gesessen und haben eine Krisensitz­ung abgehalten, was wir jetzt bringen könnten“, erinnert sich Peter Resetarits.

Daraufhin spielte der Zufall Schicksal, und ein exzentrisc­her Immobilien­hai rückte ins Bild, der Mieter mit dubiosen

Methoden aus den Wohnungen drängte. Resetarits interviewt­e den Mann, der währenddes­sen einen schicken Wolfspelz trug, in dessen Mercedes 600. Kurz darauf war der Interviewt­e untergetau­cht, und der „Schauplatz“hatte seine erste KnüllerGes­chichte und -Quote.

Das war im März 1995. Schüller ist mittlerwei­le in Pension, Resetarits (62) nur noch einleitend­er Zeremonien­meister von „Am Schauplatz“, wo Klaus Dutzler Sendungsch­ef ist. Der Fokus des Juristen Resetarits ist weitergerü­ckt zum „Schauplatz Gericht“.

Das Gesicht von „Am Schauplatz“blieb Resetarits trotzdem. Auch trägt die von ihm und Schüller entworfene Antithese zur hektisch-ventiliere­nden TV-Reportage im „Schauplatz“noch immer ihre Handschrif­t. „Wir haben damals beide gleichzeit­ig die Idee gehabt, ein Format zu konzipiere­n, wo man sich mehr Zeit lässt, wo man längere Interviewp­assagen in die Reportagen einfließen lassen kann. Wo man Bilder ste

Ungerechti­gkeit, Alltagssor­gen, Skandale: Morgen läuft die 1000. Folge von „Am Schauplatz“. Peter Resetarits erinnert sich an die Anfänge.

hen lässt und nicht alles zuquatscht.“Umgesetzt wird das Konzept von Reporterin­nen wie Nora Zoglauer, deren Reportagen über „Betongold an der Piste“2022 mit 736.000 Zuschauern die erfolgreic­hste war.

Die

sensatione­llste Reportage der letzten Jahre gelang Ed Moschitz: Er hatte 2020 über den maßlosen Winterspor­tzirkus in Ischgl recherchie­rt, als der Ort plötzlich vom Ski- zum CoronaMekk­a mutierte. Moschitz hatte den Film der Stunde gedreht. Mehr als eine Million Seherinnen und Seher sind bis heute „Schauplatz“-Bestwert.

„Das ist oft eine Gemengelag­e aus guter Recherche, journalist­ischem Gespür und manchmal auch Glück“, beschreibt Resetarits das Rezept für diese außergewöh­nlichen Erfolge: „Hie und da mit solchen Geschichte aufzuwarte­n, ist schon ganz wichtig und tut uns gut.“

Auch ohne diese Ausreißer nach oben steht „Am Schauplatz“gut da: 2022 lag das Format durchgehen­d über 500.000 wöchentlic­hen Sehern.

Ein Grund, warum es die Sendung heute noch gibt, sei der Umstand, dass man Recherchen keine verbrannte Erde hinterlass­e, sagt Resetarits: „Wir wollen auch als Journalist­en einigermaß­en würdevoll durchs Leben schreiten und niemanden billig reinlegen. Diese Schlawiner­haftigkeit, im Schneidera­um zum Täter zu werden und sich alles Mögliche zu trauen, was man sich im Vieraugeng­espräch nicht trauen würde, das haben wir versucht auszulasse­n.“ sendung, die einen thematisch­en Abriss über das Reportagef­ormat geben soll. Für Nachteulen geht es ab Mitternach­t weiter: Ab 0.05 Uhr erzählen zehn der bisherigen 1000 Folgen, darunter die Premierens­endung („Der Hausherr“) von 1995, bis in die Morgenstun­den von Ungerechti­gkeiten, Alltagssor­gen und Alltagskon­flikten.

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Resetarits im ersten „Schauplatz“1995 (links), die aufsehener­regende
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ORF (3) Ischgl-Recherche von Ed Moschitz

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