„Van der Bellen als Wahlhelfer für die FPÖ?“
Die Aussage, Kickl nicht angeloben zu wollen, könne sich anders auswirken als erwartet.
Offen gesagt „Modefarbe blau“, 29. 1.
Im ORF-Interview stellte Bundespräsident Van der Bellen (VdB) in den Raum, die bei der nächsten Nationalratswahl stimmenstärkste Partei – wohl meinend die FPÖ – keineswegs automatisch mit der Regierungsbildung zu beauftragen und deren Chef, Herbert Kickl, in Weiterführung eines in Österreich bisher verfassungsinterpretatorisch einheitlich begangenen Weges zum Bundeskanzler zu ernennen. An dieser Stelle ist die Vorstellung folgender fiktionalen Situation unvermeidbar: Der geniale Politfuchs Altbundeskanzler Kreisky selig hätte VdB – wie einstmals den ORF-Journalisten Ulrich Brunner – mit der herablassenden Aufforderung „Lernen S‘ Geschichte“wohl ebenfalls zum Lernen und Reflektieren angeregt. „Lieber Herr VdB,“hätte Kreisky sowohl verständnislos als auch suggestiv gefragt, „aufgrund Ihres Alters müsste Ihnen der Bundespräsidentenwahlkampf des Jahres 1986 mit dem damals in der gleichnamigen ,Affäre‘ national und international über Gebühr angeschwärzten ÖVPKandidaten und ehemaligen UN-Generalsekretär Waldheim bekannt sein!?“Unter Mitwirkung des damaligen ÖVP-Slogans „Jetzt erst recht“gewann Waldheim – überraschend (?) – die Stichwahl gegen den SPÖKandidaten Steyrer.
Kreiskys abschließende, natürlich nur fiktional gestellte Frage an VdB könnte wohl nur so gelautet haben: „Herr VdB, wollen S‘ tatsächlich als Wahlhelfer der Kickl-FPÖ in die österreichische Geschichte eingehen?“
Prof. Mag. Diethard Kranzmayer,
Klagenfurt
Nicht delegierbar
Die Haltung unseres Herrn Bundespräsidenten stimmt optimistisch, durchaus, Verantwortung sollten die Österreicherinnen und Österreicher jedoch nicht an ihn delegieren! Die FPÖ-SympathisantInnen sollen einmal die Partei und ihr „Programm“hinterfragen; ich fürchte jedoch, die AnhängerInnen dieser Rabauken hinterfragen gar nichts! Deshalb die erschütternden Umfragewerte, erschütternd für die Demokratie in unserem Land. Verhindern können Kickl NUR die Wählerinnen und Wähler!
Dr. Ulla Herfort-Wörndle, St. Stefan
Zweite Amtsperiode
Wenn Bundespräsident Van der Bellen vor der Wahl für seine zweite Amtsperiode diese Aussage bezüglich Kickl getätigt hätte, dann hätte sich das von alleine erledigt. Ich sage es mit aller Deutlichkeit, nach der Wahl hätte er nicht mehr die Möglichkeit gehabt.
Bernhard Wertschnig,
Zweierlei Maß
Das Geheule der mimosenhaften FPÖ war zu erwarten. Beim eigenen Ankündigen von höchst bedenklichen demokratiepolitischen Absichtserklärungen zeigt man sich jedoch nicht zimperlich. Erwähnt sei hier nur das Beispiel von der „sofortigen Auflösung dieser Regierung“des damaligen Kandidaten dieser Partei. Wie üblich wird hier mit zweierlei Maß gemessen. Die Bilder der Inauguration mit den versteinert wirkenden Sitzenbleibern, sagen mehr als tausend Worte.
Reinhart Nunner, Semriach
Nicht sprachlos bleiben Leitartikel „Was macht sprachlos?“, 27. 1.
In meiner Tätigkeit als Psychotherapeutin in freier Praxis konnte ich etliche Missbrauchsopfer begleiten. Keine dieser Personen sagte, sie/er käme wegen eines sexuellen Missbrauchs, sie kamen wegen manifester Probleme wie psychosomatischer Beschwerden,
Angst- und Schlafstörungen, Panikattacken, etc., die auf latentem sexuellen Missbrauch basierten, welcher in der Sprachlosigkeit – der eigenen und jener des privaten Umfeldes – verschüttet war. Die Sprachlosigkeit der Opfer schützte dabei fast immer die Täter und das Umfeld, welches teilweise davon wusste oder etwas ahnte. In etlichen Fällen berichteten Opfer, dass ihre Versuche, sich mitzuteilen, zu Retraumatisierungen durch nahestehende und sogenannte Vertrauenspersonen kam, indem sie aufgefordert wurden, nicht „nach so langer Zeit wieder etwas aufzurühren“. Die Zeit, bis jemand im therapeutischen Kontext aus der Sprachlosigkeit zur Sprache fand, dauerte unterschiedlich lang (Verjährungsfrist fünf bis 30 Jahre)!
Die Sprachlosigkeit der Opfer ist nachvollziehbar und steht ihnen zu, jegliches Umfeld aber muss aus der selbstauferlegten oder -verordneten Sprachlosigkeit heraustreten.
Klagenfurt