Suche nach dem Ausweg aus dem Desaster
Das ÖFB-Präsidium ist auch nach dem Abgang von Gerhard Milletich gespalten. Eine Sitzung am Freitag soll Ruhe in den Verband bringen. Interimistisch muss ein Vize übernehmen.
Wäre der Schauplatz ein Abbild der aktuellen Befindlichkeiten, müsste die Präsidiumssitzung des Österreichischen FußballBundes am Freitag in Graz in einem Keller über die Bühne gehen. Zwischen den gegnerischen Parteien sollte dann noch ein Graben verlaufen, nicht nur, um einem etwaigen Raufhandel vorzubeugen. Er würde auch Einblick in die Abgründe des ÖFB gewähren.
Das Gremium ist tief gespalten und der Rücktritt von Präsident Gerhard Milletich hat die internen Rivalitäten und Zwistigkeiten nicht nur nicht eingedämmt, sie kochen erst so richtig hoch. Zumindest aber könnten die Herren bei der kommenden Versammlung die Chance nützen, das Geschehen aufzuarbeiten und die über Monate hinter den Kulissen ausgetragenen Kampfhandlungen einzustellen.
Grob eingeteilt, stehen einander zwei Lager gegenüber. Eine Seite sah in den Vorwürfen gegen Milletich, er hätte die ÖFBFunktion dazu missbraucht, Inserate für seinen Verlag zu keilen, ein mit dem Amt unvereinbares Vergehen. Der andere, zahlenmäßig stärkere Teil, hätte die Angelegenheit lieber intern besprochen und gern auch amikal gelöst.
erstgenannte Gruppe sieht sich nicht als ScharfmacherAbteilung, sondern als Vertretung der Aufklärung. Ihr gehören der Tiroler Landespräsident Josef Geisler, sein Salzburger Kollege Herbert Hübel und der Oberösterreicher Gerhard Götschhofer an. Letzterer agierte als Ankläger, denn Götschhofer hat Belege gegen Milletich gesammelt und ist auch im Jänner beim vom Präsidenten gegen den „Kurier“verlorenen Prozess gegen den Burgenländer aufgetreten.
Die
Vorgangsweise stößt beim steirischen Landespräsidenten Wolfgang Bartosch auf vollkommenes Unverständnis. „Das war ein Wahnsinn. Es war nur darauf angelegt, ihn (Milletich) abzuschießen. Das war in jeder Präsidiumssitzung zu spüren“, ortet Bartosch eher persönliche Befindlichkeiten als Auslöser. Dem widerspricht Götschhofer. Ihm sei es um die Sache gegangen. „Wo war der Aufschrei, als (Ex-Rechnungshof-Präsident) Franz Fiedler erklärt hat, es ist Korruption, wenn das stimmt? Warum wurde das nicht hinterfragt?“, meint der Oberösterreicher. Die Kommunikation zwischen den beiden Herren, vor Jahren noch Verbündete, ist arg beeinträchtigt, wie beide zugeben. Es sei aber nicht so, dass es überhaupt keine Gesprächsbasis mehr gebe, sagt Bartosch. „Die Angelegenheit ist relativ schnell bereinigt, wenn wir normal miteinander reden.“Dies sollte am Freitag geschehen, eine heftige Diskussion ist aber ebenso unvermeidbar wie wohl nötig.
Zunächst muss einmal ein interimistischer Nachfolger für Milletich gefunden werden, den Statuten nach ist einer der vier
Vizepräsidenten (Geisler, Götschhofer, Niederösterreichs Landeschef Johann Gartner und der Bundesliga-Vertreter Philip Thonhauser) für diese Position vorgesehen. Dieser ist zu wählen, doch daraus ergibt sich bereits das nächste Problem. Geisler wird keine Mehrheit bekommen, Götschhofer nimmt sich im Vorfeld selbst aus dem Spiel. „Da bin ich viel zu sehr im Fokus gestanden.“Thonhauser käme infrage, dessen Neutralität wird jedoch dem Vernehmen nach intern teilweise angezweifelt.
Bliebe Gartner, der keinem der beiden Lager eindeutig zuzuordnen ist. „Schauen wir, was herauskommt“, sagt Letzterer. Ein Konsens müsse „notgedrungen“möglich sein. Kärntens Landespräsident Klaus Mitterdorfer verfolgt einen ähnlichen Zugang, idealistisch untermauert. „Der Beschluss sollte von Einigkeit getragen sein, dass man sich auf eine Person festlegt, damit die wichtigen Themen wieder in den Vordergrund rücken.“
Theoretisch könnte der interimistische Präsident bis zur nächsten ordentlichen HauptDiese
versammlung 2025 im Amt bleiben, das erscheint jedoch nahezu ausgeschlossen. Also soll am Freitag ein Termin für eine außerordentliche Sitzung (vermutlich Ende Mai, Anfang Juni) gefunden werden, wo dann der echte neue Präsident gewählt wird. Wer das sein soll, ist vollkommen offen. Aber schon jetzt herrscht zumindest darüber Einigkeit, dass dieser von außen kommen soll. „Es ist das Sinnvollste“, sagt Gartner. Hübel würde „frischen Wind“begrüßen. Das wäre ja schon einmal ein Anfang.
Auch in der operativen Chefetage des ÖFB gibt es enorme Differenzen zwischen Generalsekretär Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold, dem Geschäftsführer der ÖFB Wirtschaftsbetriebe. Die Anti-Milletich-Fraktion fordert von Hollerer „Aufklärung“(Hübel) über die Vorgänge im Zusammenhang mit den Aktivitäten des zurückgetretenen Präsidenten. Hollerer betont, er sei grundsätzlich loyal zum ÖFB-Präsidenten, ob dieser Friedrich Stickler, Leo Windtner (Vorgänger) oder eben Milletich heiße. „Alles andere wäre Verrat.“