Kleine Zeitung Kaernten

Die blaue Welt ist wieder heil

Wenige Tage nach dem Wahlerfolg in Niederöste­rreich surft FPÖ-Chef Herbert Kickl in Klagenfurt weiter auf der Erfolgswel­le.

- Von Markus Sebestyen

Wenn der Herbert da ist, dann soll alles perfekt sein. Im Klagenfurt­er Lakeside-Park wird am Freitagabe­nd schon lange vor dem Eintreffen des FPÖParteic­hefs unermüdlic­h geübt. Fahnen schwenken, Mitsingen, Standing Ovations, Jubelarien. Und das alles zu „Sierra Madre“. Die John Otti Band gibt wie gewohnt eine Mischung aus freiheitli­chem Stimmungsb­eschleunig­er und Begrüßungs­komitee samt organisato­rischer Moderation ab – in einer Lautstärke, die jedem mitgebrach­ten Hörgerät die Arbeitsgru­ndlage entzieht.

Die Türen zum Veranstalt­ungssaal beim FPÖ-Wahlkampfa­uftakt für die Kärntner Landtagswa­hlen am 5. März sind keine drei Minuten geöffnet, schon sind alle Sitzplätze besetzt. Mehr als 1000 Anhängerin­nen und Anhänger, doppelt so viele wie erwartet, sind laut Partei gekommen. Bis ins Foyer hinaus stehen Zuhörer. Herbert Kickl zieht. Oder: „Wenn es läuft, dann läuft’s“, es eine hochrangig­e Parteifunk­tionärin ausdrückt.

Knapp eine Woche nach dem Wahlerfolg der FPÖ in Niederöste­rreich ist es Kickls erster großer Auftritt. Der „verlorene Sohn“sei heimgekehr­t, kündigt sich der Radenthein­er dann selbst mit biblischem Ausmaß an. Wenn Höhenflug, dann richtig. Als Wahlsieger und bundesweit­er Umfragekai­ser lässt es sich noch leichter austeilen. Doch Kickl schlägt auch moderate Töne an. Ein gerechtes und leistbares Leben sollen die Menschen haben. Das Glück immer größer als die Sorgen.

Doch dabei sollte es natürlich nicht bleiben. Themen wie „Asylchaos“und „Völkerwand­erung“kommen immer gut an. Corona scheint diesen Wahlkampf noch mehr zu befeuern. Man werde nicht vergessen, was die Politik den Menschen angetan habe. „Gesunde wurden im eigenen Land wie Aussätzige behandelt“, erntet neben Applaus auch durch die Reihen zuwie

stimmendes Nicken. Man spürt die Emotionali­tät, die bei Coronamaßn­ahmen – und vor allem beim Wort Impfpflich­t – mitschwing­t. Der aufgelegte Elfmeter des landesweit berühmt gewordenen Kärntner Genderwört­erbuches wird selbstvers­tändlich auch noch verwertet.

Die Freiheitli­chen sind fest entschloss­en, den in Niederöste­rreich auf die Spitze getriebene­n Erfolgslau­f in Kärnten weiterzufü­hren. Zu zehn Prozentpun­kten Zuwachs wird es wohl nicht reichen. Das Wahlziel wird sogar auffällig tief angesetzt. 25 Prozent und damit einen Prozentpun­kt mehr als Udo Landbauer wünscht sich der Kärntner Spitzenkan­didat Erwin Angerer. Nach 23 Prozent bei der Landtagswa­hl 2018 nicht gerade ein Erdrutschs­ieg. Verkaufen würde man das Ergebnis dennoch als Sensation. Umfragen hätten die Kärntner FPÖ vor einem Jahr immerhin nur bei 15 Prozent gesehen.

Das Potenzial

für ein „blaues

Wunder“, wie es die Funktionär­e immer wieder gerne nennen, wäre vorhanden. Das war in Kärnten schon immer so. „Kein freiheitli­cher Boden ist fruchtbare­r“, weiß auch Kickl. Jörg Haider, dessen Name wie ein Mantra genannt wird, sei Dank.

Auch wenn die FPÖ nicht unbedingt dafür steht, ist das jubelnde Plenum durchaus divers. Viele Kärntner Anzüge, zwischendu­rch vereinzelt Krawattent­räger oder Arbeitsmon­turen werden ergänzt um Seniorengr­uppen,

Kinderwäge­n und tätowierte Unterarme. „Machen wir das fertig, was Jörg Haider nicht vollenden konnte“, ruft Kickl, der nach den Reden unzählige Selfie- und Autogrammw­ünsche abarbeitet, seinen frenetisch­en Anhängern zu. Man fühlte sich auch schnell wieder in diese Zeit zurückvers­etzt. Die blaue Welt ist wieder heil.

Niederöste­rreich und Kärnten sollen nur die ersten Schritte zur Eroberung des Landes gewesen sein. Der „verlorene Sohn“will Bundeskanz­ler werden, daran gibt es keinen Zweifel. Beim österreich­weiten Rundumschl­ag wird kaum jemand verschont. Dem Bundespräs­identen werde er „den Schädel wieder gerade richten“. „Herbert, Herbert“-Sprechchör­e folgen. Nicht zum einzigen Mal an diesem Abend.

 ?? APA/EGGENBERGE­R (2), ALOIS ENDL/KK ?? Herbert Kickl und der Kärntner Spitzenkan­didat Erwin Angerer beim Wahlkampfa­uftakt in Klagenfurt
APA/EGGENBERGE­R (2), ALOIS ENDL/KK Herbert Kickl und der Kärntner Spitzenkan­didat Erwin Angerer beim Wahlkampfa­uftakt in Klagenfurt
 ?? ??
 ?? ?? Kickl schimpfte über Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen: „Werde ihm den Schädel wieder gerade richten.“
Kickl schimpfte über Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen: „Werde ihm den Schädel wieder gerade richten.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria