TikTok ist der Türöffner zur Opernwelt
Analoges Opernhaus trifft digitale Kurzweile: „Staatsopern-Influencerin“Josi Palla vermittelt zwischen den zwei Welten.
ine halbe Stunde schon hat Josi Palla nicht auf ihr Handy geschaut. „Es ist eine Sucht“, hat sie gerade über ihr Verhältnis zu TikTok erzählt, und trotzdem sind keine Anzeichen von Entzug zu bemerken. Seit vielen Jahren „entspannt“sich die Zwanzigjährige mit Blick auf den Kanal, auf dem alles, was länger als 15 Sekunden dauert, mit Nichtachtung bestraft wird. Seit fast zwei Jahren nun wirbt sie dort für eine Institution, die analoger nicht sein könnte: die Wiener Staatsoper.
Eneben ihrem Publizistik-Studium „Staatsopern-Influencerin“auf TikTok. In diesen Tagen bedeutet das, den Opernball für ihre App aufzubereiten. Wie kann man ein gar nicht jugendliches Ereignis für eine Altersgruppe zwischen 12 und 25 Jahren interessant machen, fragt sie sich und sucht jeden Tag wieder nach Antworten.
„Wir brauchen einen TikTokAccount, wenn wir ein anderes Publikum ins Haus bringen wollen“, begründet Hemma Gritsch, die im Marketingteam für die Website, Social Media und Onlinemarketing verantwortlich ist, die Anwerbung der jungen Frau. „Ich bin 37 und nicht das Gesicht, das man auf TikTok sehen möchte, um sich damit zu identifizieren.“So ging man auf die Suche und fragte Josi, die damals noch in die Schule ging, ob sie jemanden kenne. „Ich kenn mich, und ich trau mir das eigentlich
Begann als Schülerin: Influencerin Josi Palla zu“, erwiderte sie. Seither widmet Josi rund zehn Stunden ihrer Woche dem Haus am Ring.
Früher hat sie Oper nicht interessiert. Diesbezügliche Anfragen der Eltern beschied sie abschlägig. Zu lange, zu fad. „Ich war anfangs die Zielgruppe, die wir ansprechen wollten – also niemand, der reinkommt und sich auskennt.“Junge, offene Leute, die bisher keinen Grund gesehen haben, sich für Oper zu interessieren, weil sie nicht wussten, was sie da alles erwartet außer Dresscodes und lästige Verhaltensvorschriften.
Immer wieder gehen die beiden vor der Vorstellung ins Foyer und fragen „casual“gekleidete Leute, ob sie sie filmen dürften. Seht, so kann man auch in die Oper gehen, ist die Botschaft.