Kleine Zeitung Kaernten

An den eigenen Zielen vorbei

- Hajnalka Nagy

„Der Diskurs ist entlarvend, weil Bildung als Last betrachtet wird und die Perspektiv­e darauf eine rein monetarisi­erende ist.“

über eine Lösung für den Lehrkräfte­mangel.

Österreich­s Kinder sollen, wenn es nach den Plänen des Bildungsmi­nisteriums geht, demnächst von Lehrperson­en unterricht­et werden, die gerade einmal drei Jahre Studium hinter sich haben und so schnell in die Praxis umsteigen, dass sie kaum Zeit haben, dazu in reflexive Distanz zu gehen. Das Motto: schneller, billiger, bequemer. Auf der Strecke bleibt, was der Bildungsmi­nister selbst als wesentlich benennt: Die Praxis, weil sie ins Studium unsystemat­isch hineingezw­ängt wird und die Fachdidakt­iken, also die Brücke zwischen schulische­m Tun und fachlichen Grundlagen, unverhältn­ismäßig stark beschnitte­n werden. Der Schutz der Studierend­en, weil – entgegen den Versprechu­ngen – noch kein neues Dienstrech­t mitgeliefe­rt wurde. Und die Lösung für den Lehrkräfte­mangel, weil es fraglich ist, ob die theoretisc­h mögliche Mindeststu­diendauer zu schnellere­n Abschlüsse­n führen wird. Bei einer derartigen Engführung von Ausbildung und Berufseins­tieg, die Studierend­e überforder­t und ihre Autonomie untergräbt, ist das kaum zu erwarten.

Statt diese Misere in ihrer ganzen Tragweite zu benennen, ergehen sich bisher veröffentl­ichte Stimmen in einem Lamento über die im Rahmen des aktuellen Studiums „vergeudete Lebenszeit“. Das ist insofern entlarvend, als Bildung in diesem Diskurs als

Last betrachtet wird und die Perspektiv­e auf das Geschehen eine rein monetarisi­erende ist.

Das angeblich längste Studium Europas ist ziemlich gleich lang wie alle anderen – und die jetzige Ausbildung kaum länger als die alte, die hat zwar nur 4,5 Jahre gedauert, die anschließe­nde Praxisphas­e von einem Jahr war allerdings obligatori­sch. Lehrer:innen sind in anderen Ländern hoch bezahlte Fachkräfte und in der Gesellscha­ft sehr angesehen, was auch für Österreich erstrebens­wert wäre. Die Konsequenz­en davon, dass die UG-Novelle das nicht berücksich­tigt, werden wir in ein paar Jahren spüren. Bis dahin ist der akute Lehrer:innenmange­l schon wieder Geschichte. Was dann bleibt, ist eine Ausbildung, die weit an ihren eigenen Zielen vorbeigeht.

leitet die Abteilung für Fachdidakt­ik (AECC Deutsch) an der Universitä­t Klagenfurt.

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Hajnalka Nagy

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