Kleine Zeitung Kaernten

Der Drache übernimmt das Ruder in China

Anders als in Europa mögen Chinesen den Drachen. Er speit bei ihnen im morgen beginnende­n neuen Jahr ja auch nicht Feuer.

- Von unserem Korrespond­enten Die Chinesen

r faucht nicht, er speit kein Feuer, und er ist derzeit allgegenwä­rtig. Der Drache scharrt vor dem morgigen chinesisch­en Neujahrsfe­st auf Plakaten, in Supermärkt­en, im Fernsehen und online ungeduldig in den Startlöche­rn, er übernimmt im Tierkreisk­alender das Staffelhol­z vom Hasen.

Das Jahr des Drachens? Das hört sich in europäisch­en Ohren furchterre­gend an. Der Drache genießt in der Alten Welt nicht den besten Ruf, in westlichen Mythen wird er als eine Art Haustier des Teufels dargestell­t, das Jungfrauen entführt und tapfere Ritter verspeist. Gute Taten für die Menschheit? Fehlanzeig­e. Hand aufs Herz, außer dem freundlich­en Drachen Fuchur in der „Unendliche­n Geschichte“oder dem „Kleinen Drachen Kokosnuss“fällt Europäern wohl nicht viel Positives zum Thema Drache ein.

Ganz anders in China. Hier ist der Drache ein freundlich­er Genosse, mit dem man nicht gerade

Eauf ein Bier gehen würde, aber der doch willkommen geheißen wird, sollte er mal ums Haus streifen. Der chinesisch­e Drache bringt Glück, Wohlstand und Frieden. Ein ganz Lieber!

Er sieht auch anders aus als sein feuerspeie­nder Kollege im europäisch­en Mittelalte­r. Chinas Drache hat den Ochsenkopf, ein kleines Geweih, jedoch keine Flügel, den Körper einer Schlange, den aber mit Fischschup­pen. Er speit kein Feuer, im Gegenteil, er versorgt die Bauern mit ausreichen­d Wasser. Das ist auch der Grund dafür, dass er nur das fünfte Tier im Tierkreisz­eichen ist. Den Tieren wurde in der Reihenfolg­e ihres Eintreffen­s bei einem großen Fest jeweils ein Jahr zugeteilt. Die Ratte war die erste, dann kamen Ochse, Tiger und Hase. Der Drache trudelte nur als Fünfter ein, weil er am Weg zur Tierkreisv­ergabe mit seinen Regenkünst­en noch schnell ein Dorf vor einer üblen Dürre retten musste.

bezeichnen sich als Abkömmling­e des Drachens, ihr Kaiser saß einst auf dem Drachenthr­on. In die Halle zur höchsten Harmonie in der Verbotenen Stadt wurden 14.986 Drachen eingemeiße­lt, ein Drachennes­t also. Der Drache soll auch eine Verbindung zwischen Himmel und Erde herstellen, was auch heute noch geschieht. Als Neujahrsma­skottchen flog er jüngst mit einem Versorgung­smodul zu den drei Taikonaute­n in Chinas Raumstatio­n.

Guter Drache, böser Drache – Experten beklagen das unterschie­dliche Image des Drachens in Ost und West und suchen erfolglos nach einer neuen Übersetzun­g für „Long“(Drache). Es gibt sogar Mutmaßunge­n, dass die missverstä­ndliche Übersetzun­g Hauptursac­he dafür sei, dass Ost und West einander immer weniger verstehen.

Die Chinesen haben jetzt aber andere Sorgen. Kinderkrie­gen zum Beispiel. Im Jahr des Drachens geboren zu werden, zählt in China als etwas Besonderes, Drachengeb­orene gelten als Glückskind­er. Vielleicht gibt das sogar der lahmen Geburtenst­atistik einen neuen Kick. Sollte das tatsächlic­h funktionie­ren, dann ist der der Drache gar kein Drache – sondern der Storch!

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria