Kleine Zeitung Kaernten

Augen auf und durch!

Jeder Schritt, der den Weg raus aus russischem Gas beschleuni­gt, ist wertvoll. Sämtliche Fallstrick­e auszublend­en bleibt trotzdem verantwort­ungslos.

- Von Markus Zottler

urz zur faktischen Ausgangsla­ge: Es gibt innerhalb der EU noch genau drei Länder, die Pipelinega­s aus Russland beziehen. Ungarn, dort wurde die Kapazität jüngst gar aufgestock­t, Slowakei und Österreich. Hierzuland­e ist die Abhängigke­it von russischem Gas seit 2022 gesunken, aber viel zu langsam, um von einer Entlas- tung sprechen zu können. 65 Prozent des 2023 importiert­en Gases kamen immer noch aus Russland. Energiemin­isterin Leonore Gewessler ist das jetzt – wieder einmal – ein Dorn im Au- ge. Mit drei Maßnahmen will sie gegensteue­rn. Gut so. Auch in Vorwahlzei­ten.

Primär für Österreich­s missli- che Lage verantwort­lich: der erst 2018 bis 2040 verlängert­e Liefervert­rag zwischen der OMV und der russischen Gazprom. Ein großer Fehler, wie man heute weiß. Moralisch ist es alterna- tivlos, die Abhängigke­it und da- mit den Vertrag zu beenden. Die nach Russland abfließend­en Milliarden­zahlungen finanzie- ren den Krieg.

Ökonomisch und rechtlich lauern allerdings Fallstrick­e. Sie völlig auszublend­en ist verant- wortungslo­s. So knebelt die Ab

Kmarkus.zottler@kleinezeit­ung.at

nahmepflic­ht. Im schlechtes­ten Fall jubelt Österreich, weil es keinen Kubikmeter russisches Gas mehr bezieht – und trauert zugleich, weil für die Nullmenge in den nächsten Jahren „25 bis 35 Milliarden Euro“(Ex-OMV-Ma- nager Otto Musilek) nach Mos- kau fließen könnten.

Gewessler will die Auflösung des Vertrags „vorbereite­n“. Die Umsetzung darf einerseits in- frage gestellt werden – wie soll das Aufbrechen eines Vetrags gelingen, den niemand wirklich kennen will? Anderersei­ts tut perspektiv­isch jede Form von Rückendeck­ung gut. Die OMV bereitet sich längst auf einen Ausstieg vor. Intern dem Ver- nehmen nach noch offensiver, als es die Kommunikat­ion nach außen vermuten lässt. Jedenfalls reserviert­e sich der Konzern langfristi­g Pipelineka­pazi- täten und schloss Liefervert­räge in Abu Dhabi oder Norwegen. Das ist natürlich nicht als Entgegenko­mmen oder Einlenken zu verstehen: Es ist pure Notwendigk­eit. Die Gefahr, dass russisches Gas plötzlich ausbleibt, ist riesig. Nicht nur, weil in Moskau personifiz­ierte Unberechen­barkeit sitzt. Die Pipelines liegen inmitten des Kriegsgebi­ets, mit Beschädigu­ng muss täglich gerechnet werden.

Weiters will Gewessler alle heimischen Energiever­sorger verpflicht­en, ihre Gasquellen zu diversifiz­ieren. Ein heikler Eingriff, weil er ökonomisch­e Prinzipien außer Kraft setzen will. Zurzeit gilt nämlich, dass russisches Gas auch deswegen nicht verschwind­et, weil es sich da und dort noch immer rechnet. Wandert Gas auf die EU-Sanktionsl­iste (eher unwahrsche­inlich) oder kommt es zu eben jener Diversifiz­ierungspfl­icht (mittelmäßi­g wahrschein­lich, weil Zweidritte­lmehrheit im Parlament notwendig), gewinnen politische und regulatori­sche Kriterien die Oberhand. brigens: Was perspektiv­isch jedenfalls wirkt, ist eine weitere Reduktion des Gasverbrau­chs im Land. Und ein Ausbau der erneuerbar­en Energien im Land. Auch dort, wo es schmerzt.

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