Kleine Zeitung Kaernten

Neuer Vorstoß für weniger Russen-Gas

Die Energiemin­isterin will Versorger verpflicht­en, nichtrussi­sches Gas zu kaufen. Auflösung von OMV-Gazprom-Vertrag soll „vorbereite­t“werden. Details bleiben offen.

- Von Markus Zottler Alfons Haber,

s ist eine Zahl, die für Irritation, wahlweise Unbehagen, im Land sorgt: 98 Prozent des importiert­en Gases kamen im Dezember aus Russland. So weist es das Energiemin­isterium im hauseigene­n Energie-Dashboard aus.

Jetzt ruft diese Zahl – die schnell eingeordne­t werden kann, aber dazu später – auch Ministerin Leonore Gewessler auf den Plan. In einer eilig einberufen­en Pressekonf­erenz befindet sie am Montag, dass die „Diversifiz­ierung unserer GasImporte deutlich zu langsam voranschre­itet“. Die Entwicklun­g gehe gar „in die falsche Richtung“, wie der Blick auf die letzten Monate und auf den „Rekord“von 98 Prozent zeige.

Deswegen will Gewessler Dreierlei veranlasse­n. Einerseits werde von ihrem Ministeriu­m eine „Änderung im Gaswirtsch­aftsgesetz ausgearbei­tet“. Diese soll für Österreich­s Energiever­sorger eine „rechtliche Diversifiz­ierungsver­pflichtung“beinhalten. Denn, so Gewessler: „Die Energieunt­ernehmen kaufen zu wenig nichtrussi­sches Gas.“Das müsse sich ändern. Um das zu schaffen, braucht es allerdings eine Zweidritte­lmehrheit im Nationalra­t. Eine ohnehin komplizier­te Angelegenh­eit, in Vorwahlzei­ten wohl umso mehr.

Weiters will die Energiemin­isterin „den Ausstieg aus den

EOMV-Verträgen vorbereite­n“. Diese, abgeschlos­sen zwischen der OMV und der russischen Gazprom, wurden erst 2018 medienwirk­sam verlängert und laufen bis ins Jahr 2040. Ein etwaiger Ausstieg, so die bisherige Erzählung, werde sündteuer für die OMV – und damit auch für die Steuerzahl­enden. Ohne einvernehm­liche Lösungen müsse man durch die Abnahmever­pflichtung („Take or Pay“) bis 2040 etwa „zwischen 25 und 35 Milliarden Euro zahlen, ohne einen Kubikmeter Gas dafür zu bekommen“, ließ Ex-OMV-Manager Otto Musilek die Kleine Zeitung im Vorjahr wissen. Leonore Gewessler will diesen Punkt vom Institut Wifo ökonomisch prüfen lassen.

Last, but not least brauche es einen „raschen Beschluss für eine neue österreich­ische Sicherheit­sstrategie“,

lässt Gewessler wissen.

Chef der Regulierun­gsbehörde E-Control, kann den Vorschläge­n der Ministerin einiges abgewinnen. „Eine verstärkte Deklaratio­n seitens der Lieferante­n ist jedenfalls zu begrüßen“, sagt er. Zugleich müsse die Nutzung alternativ­er Lieferrout­en forciert werden. Diesbezügl­ich sei es „nicht zielführen­d“, dass die deutsche Gasspeiche­rumlage den Import aus Deutschlan­d verteure. Ähnliches will darüber hinaus auch Italien mit 1. April umsetzen.

Jetzt aber rasch zurück zu den anfänglich­en 98 Prozent. Primär hat der hohe Anteil des Russengase­s nämlich damit zu tun, dass im Dezember die gesamten importiert­en Gasmengen auf „sehr niedrigem Niveau lagen“.

Dieser Befund kommt vom Energiemin­isterium selbst und hängt wiederum primär am sinkenden Gasverbrau­ch. Verglichen mit dem Jahr 2022 reduzierte sich der Verbrauch hierzuland­e 2023 nämlich um 12,5 Prozent. Zugleich sind die Speicher gut gefüllt, es muss also weniger eingespeic­hert werden. Im Herbst sorgte außerdem ein hoher Anteil an Erneuerbar­en dafür, dass die Stromerzeu­gung aus Gas gering war.

Über das gesamte Jahr 2023 kamen 64,7 Prozent aller Gasimporte aus Russland. Ein Wert, der federführe­nd aus den vertraglic­h fixierten Abnahmemen­gen mit der Gazprom resultiert. Und ein Wert, der im Europa-Vergleich – dort sank die Quote des russischen PipelineGa­ses von 40 auf zehn Prozent – sehr hoch ist und auf Entrüstung stößt. Die Neos kündigten nicht zuletzt deswegen jüngst an, sich in Brüssel dafür einzusetze­n, dass russisches Gas auf die Sanktionsl­iste komme. Dann müsse auch Österreich aus den Gasverträg­en aussteigen.

Die OMV hat für derlei prinzipiel­l vorgesorgt und sicherte sich Pipeline-Kapazitäte­n nach West- und Südeuropa. Grundsätzl­ich könne also der Teil des österreich­ischen Bedarfs auch aus anderen Quellen kommen. Wie sich das Fehlen von russischem Gas auf die Marktpreis­e auswirkt, steht freilich auf einem anderen Blatt Papier.

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AFP/KOLESNIKOV­A; APA/HOCHMUTH; GEORGES SCHNEIDER; IMAGO

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