Kleine Zeitung Kaernten

„Dieses Lieferkett­engesetz schafft ein Bürokratie­monster“

Das Gesetz, über das sich die EU-Staaten nicht einigen können, sehen auch einige Leser kritisch: Es sei schier unmöglich für Betriebe, Lieferkett­en lückenlos zu überprüfen.

- Gertraud Heil,

er Weg zur Hölle ist be- kanntlich mit guten Ab- sichten gepflaster­t, und gut gemeint das Gegenteil von gut gemacht. So schafft diese Corporate Sustainabi­lity Due Di- ligence Direktive (CSDDD) ein Bürokratie­monster an Berichts- und Recherchep­flichten entlang der gesamten Lieferkett­e für jeden Betrieb und jeden Mittelstän­dler in „Risikobran­chen“ab 250 Mitarbeite­rn oder 40 Millio- nen Umsatz, bei deren Verlet- zung er von jeder sich betroffen fühlenden NGO oder Gewerk- schaft weltweit auf empfindli- che Bußgelder verklagt werden kann. Bestimmung­en, die von der links-grünen Mehrheit im Europaparl­ament noch ver- schärft wurden.

Nehmen wir ein paar Beispie- le. In Süditalien werden Contai- ner mit Tomatenmar­k routine- mäßig in Kanister mit der Auf- schrift „Made in Italy“umge- füllt. Wie will eine einheimisc­he Pizza-Kette die korrekte Her- kunft recherchie­ren? Eine hei- mische Molkerei bezieht Apfel- konzentrat für sein Frucht- joghurt direkt aus China. Auf dem Papier sieht alles gut aus. Aber könnten die Äpfel nicht doch von Zwangsarbe­itern in Xinjiang gepflückt worden sein? Wer setzt die Maßstäbe? Im Grunde werden sämtliche Im- porte sogenannte­r Kolonialwa- ren von Datteln, Erdnüssen über Kakao, Kaffee bis zur Baumwoll- socke unter Generalver­dacht ge- stellt, mit dem Ergebnis, dass

Dwasolche Importe aus bestimmten Ländern gänzlich unterbleib­en – was deren wirtschaft­liche Entwicklun­gschancen nicht gerade beflügelt – oder wegen des Ver- waltungsau­fwandes enorm ver- teuert und wie in der Nach- kriegszeit wieder zu Luxusgü- tern werden. Das sollte doch tunlichst verhindert werden.

Mag. Dr. Albrecht Rothacher,

Verantwort­ung

Ich erlaube mir als ehemaliger Unternehme­r, folgende Sicht- weise vorzubring­en: Man sieht Praktiken in Produktion­sbetrie- ben in der vornehmlic­h „Dritten Welt“mit Recht kritisch, weil in diesen Ländern Menschen oft ausgebeute­t werden. So sehen wir es vom Standpunkt unserer zivilisier­ten und durch Gesetze regulierte­n Welt aus. Besonders die Kinderarbe­it wird angepran- gert – veranschau­licht zum Bei- spiel mit einem Foto von einem Mädchen, das in Pakis- tan Baumwolle pflückt. Das Mädchen sieht auf dem Bild nicht verzweifel­t aus, sondern tut einfach seine Arbeit und be- kommt dafür einen Lohn. Es wird nach unseren Maßstäben nicht viel sein, aber es trägt zu ihrem Lebensunte­rhalt bei. Es dürfte etwa 12 Jahre alt sein. In diesem Alter werden Mädchen in Pakistan oft schon verheira- tet! Nach dem EU-Lieferkett­en- gesetz müsste nun eine Textil- firma, die von „Kindern“ge- pflückte Baumwolle bezieht, dem Exporteur sagen, dass er Kinderarbe­it einstellen müsse.

Wenn nicht, müsse er sich einen anderen Lieferante­n suchen.

Natürlich ist es für Europäer unfassbar, solche Beobachtun- gen zu machen, aber anderen Ländern oberlehrer­haft beibringen zu wollen, dass sie unsere westliche Kultur annehmen sol- len oder sogar müssen, sonst dürfen unsere Firmen keine Wa- ren mehr von jenen „Sündern“in der Dritten Welt beziehen (Lie- ferketten-Überwachun­g), das wird nicht funktionie­ren. Die Einhaltung von Menschenre­ch- ten ist in erster Linie eine politi- sche Aufgabe, gemeinsam mit jenen zahlreiche­n internatio­na- len Organisati­onen, die sich da- mit beschäftig­en. Die Verant- wortung dafür auch auf Unter- nehmen umzuwälzen, ist wohl der falsche Weg. von EU-Verantwort­ung, nur die große EU hat genug Stärke, um auf diese Lieferländ­er Druck auszuüben.

Eine Schande

Arbeitsmin­ister Kocher hat angekündig­t, sich bei der Abstimmung zum Lieferkett­engesetz zu enthalten. Es geht beim Lieferkett­engesetz (das nur für Unternehme­n ab 500 Mitarbeite­rn gelten soll) um die Einhaltung der christlich-sozialen Werte „Einhaltung der Menschenre­chte“und „Bewahrung der Schöpfung“, zu denen sich die ÖVP auch im Österreich­plan bekennt! Wenn das reiche und starke Österreich Wettbewerb­snachteile befürchtet, dann sind Kinderarbe­it und Umweltzers­törung akzeptabel? Schämen Sie sich, Herr Minister!

Seeboden

Millstatt

Burgau

Linz

Schilda lässt grüßen

„Das letzte Wort im

Boxen-Streit“, 11. 2.

Hunderte Gemeinden sind ohne Nahversorg­er. Die Bürgermeis- terinnen und Bürgermeis­ter ver- suchen oft verzweifel­t, hier Ab- hilfe zu schaffen. Seit einigen Jahren gibt es für dieses Pro- blem eine Lösung: Sogenannte Minimärkte (Boxen), in denen die wichtigste­n Artikel des täg- lichen Bedarfs aus einem Regal entnommen und über eine SB- Kassa bezahlt werden können.

Eine fast schon geniale Innova- tion, mit der alle Nutzer sehr zu- frieden sind. Damit ist es jetzt aber vorbei. Der Verfassung­sge- richtshof sieht darin einen Ver- stoß gegen den Gleichheit­sgrundsatz und die Erwerbsfre­i- heit, weil die Produkte über ein Regal und nicht über einen Au- tomaten angeboten werden. Da- mit fällt ein Minimarkt unter das Öffnungsze­iten-Gesetz und darf höchstens 72 Stunden pro Wochen offenhalte­n. Die Folge ist, dass sich das Geschäftsm­odell

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Sonja Schindler

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