Der wohl kleinste „Kreuzweg“Kärntens
In der Villacher Nikolaikirche steht eine einzigartige Fastenkrippe. Die Darstellung des Leidensweges Jesu wurde vom Villacher Hermann Bidner gebaut.
Die ersten Franziskaner kamen 1886 nach Villach und sind seitdem hier geblieben. Als einzige Pfarre in Kärnten wird Villach-St. Nikolai von Franziskanern betreut, aktuell sind die Brüder Pater Terentius Gizdon, Pater Norbert Pleschberger und Pater Emmanuel-Maria hier stationiert. Für den Orden ist 2024 ein besonderes Jahr, wie Pater Terentius Gizdon erzählt. „Wir feiern 800 Jahre des Geschenks der Stigmata, also der Wundmale des Franz von Assisi.“Wie Quellen berichten, hat sich Franziskus 1224 zum Fasten und Beten auf den Berg La Verna zurückgezogen und die Male der Kreuzigungsnägel sowie der Seitenwunde Jesus empfangen. „Im Hauptaltar ist auch eine Darstellung des Franziskus mit den Wundmalen zu sehen“, sagt Gizdon.
Aus Anlass dieses Jubiläums ist – in Kooperation mit den Krippenfreunden Villach – eine außergewöhnliche und für Kärnten einzigartige Ausstellung einer sogenannten „Passionsoder Fastenkrippe“in der Nikolaikirche zu sehen. Gefertigt wurde sie in rund 260 Arbeitsstunden vom Villacher Hermann Bidner, mit Unterstützung seines Kollegen Charly Hofer, beide Mitglieder der Krippenfreunde Villach. „In Tirol habe ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal eine Fastenkrippe gesehen und das hat mich dazu inspiriert, selbst eine zu bauen“, erzählt Bidner. „Denn bei uns hat diese Art der Krippe, die den gesamten Leidensweg Christi darstellt, eigentlich keine Tradition.“
Bidner hat eine Ausbildung an der Landeskrippenbauschule Kärnten absolviert, seit 2014 darf er sich deshalb offiziell
Krippenbaumeister nennen, und wenn man vor seiner Passionskrippe steht, kann man nur über die Kunstfertigkeit, die er dafür aufgebracht hat, staunen. Mit viel Liebe zum Geschehen und zum Detail hat er Szenen wie das letzte Abendmahl, die Geißelung, die Kreuzigung oder die Auferstehung dargestellt. „Man kann sich die Krippe ruhig öfter anschauen, denn man wird jedes Mal etwas Neues entdecken“, ist Bidner überzeugt. Die Fastenkrippe ist rund eineinhalb Meter lang, einen halben Meter tief und zu sehen sind insgesamt 14 Szenen, die mit 92 Figuren nachgestellt sind.
„Das Besondere an den Fastenkrippen ist, dass sie perspektivisch gebaut werden. Das heißt, je weiter hinten die Gebäude, Pflanzen oder Figuren stehen, desto kleiner müssen sie sein. Mit der Zeit entwickelt man selbst das richtige Gespür
Die 14 Szenen werden mit 92 Figuren nachgestellt für die passenden Größen“, erklärt Bidner, der viel in der Natur unterwegs ist und dabei gerne Materialien wie Hölzer oder Moos sammelt, die er dann in der Werkstatt des Vereins für seine Krippen weiterverarbeitet. Die wunderschöne und stimmige Hintergrundmalerei der Fastenkrippe stammt von Werner Sobernig.
Krippenfreunde-Obmann Erich Körbler hört das Wort „Basteln“in Zusammenhang mit dem Krippenbau nicht gerne. „Der christliche Hintergrund unterscheidet uns von bloßen Bastlern und wir sind bemüht, das Geschehen in Bethlehem in die Familien zu tragen. Deshalb bieten wir auch Krippenbauund Malkurse an“, sagt Körbler. Pater Terentius Gizdon freut sich, dass die Fastenkrippe in St. Nikolai ausgestellt wird. „Sie ist wirklich ein Kunstwerk und etwas sehr Wertvolles“, sagt er.