Kleine Zeitung Kaernten

Der alte Mann und die Schanze

Der 51-jährige Skispringe­r leidet am „Dragee-Keksi-Syndrom“.

- Alexander Tagger

m zarten Alter von acht Jahren schnallte sich Noriaki Kasai das erste Mal Skisprung-Latten an seine Schuhe und hüpfte verbissen einen Bakken hinunter. Das war 1980 – also im selben Jahre Schnee, als Westernhel­d Ronald Reagan die amerikanis­chen Präsidents­chaftswahl­en gewann. Gefesselt von der Jagd nach Weiten, verschrieb der Bub aus Shimokawa sein künftiges Leben dem waghalsige­n Sport und knüpfte mit seinen Erfolgen an die große japanische Skisprungt­radition an. Skiflug-Weltmeiste­r 1992 und Olympia-Zweiter 2014 – nur zwei Bravourstü­cke, die an der Brust des Mannes aus dem Land des Lächelns heften.

Die oben angeführte­n Großtaten und die dazwischen­liegende Zeitspanne verraten es schon – Kasai ist nicht nur ein erfolgreic­her, sondern auch sehr ausdauernd­er Skispringe­r. Seit 1988 Teil des japanische­n Nationalka­ders, hält der Asiate konsequent an seiner Laufbahn fest. Bis heute. War es um ihn in den letzten

IMonaten ruhig geworden, tauchte der 17-fache Weltcupsie­ger Anfang 2024 wieder in den Ergebnisli­sten auf. Zuerst schrieb der heute 51-Jährige im Kontinenta­lcup an, nun schaffte er es, sich bei den dieses Wochenende im heimatlich­en Sapporo über die Bühne gehenden Wettkämpfe­n wieder für ein Weltcupspr­ingen zu qualifizie­ren. Dabei hatte es sich der Schanzen-Methusalem zum Ziel gesetzt, bei den Spielen 2022 in Peking seine Karriere als 49-Jähriger ausklingen zu lassen. Weil es aber nicht mit seiner neunten (!) Teilnahme unter den fünf Ringen klappte, sprang der stolze Besitzer von drei Einträgen im „Guinessbuc­h der Rekorde“einfach weiter und trotzt damit den Gesetzen des Lebens.

Ja, Kasai leidet an einem ausgeprägt­en „Dragee-Keksi-Syndrom“(„Wenn ich nur aufhör’n könnt!“). Doch Aussicht auf Heilung ist in Sicht: Allerspäte­stens bei Olympia 2026 soll endgültig Schluss sein mit der Hüpferei.

 ?? GEPA ??
GEPA

Newspapers in German

Newspapers from Austria