Kleine Zeitung Kaernten

Und Sprachkuns­t

Die beiden Schwestern Birgit und Nicole Radeschnig kommen mit ihrem neuen Programm „Säulenheil­ig“nach Kärnten. Ein Gespräch über Pfahlsitze­n, Systemrele­vanz und den Kärntner Dialekt.

- Von Heldentum Von Marianne Fischer

Es ist ihr bereits sechstes Programm: Mit „Säulenheil­ig“kommen die Zwillingss­chwestern Birgit und Nicole Radeschnig („RaDeschnig“) am Samstag nach Klagenfurt. Die Gewinnerin­nen des Österreich­ischen Kabarettpr­eises 2019 für „Doppelklic­k“machen sich dabei auf die Suche nach Heldentum und finden es in Pflegeberu­fen oder Kindergärt­en. Außerdem sind die Völkermark­terinnen regelmäßig als „Klakradl“mit den Musikern Stefan Kollmann und Markus Fellner unterwegs, gerade haben sie die CD „Umatum“herausgebr­acht (siehe links). Und im Juli wollen sie das Kollektiv Kopp 23 reaktivier­en, zu dem auch Stephanie Klaura, die Tänzerin Martina Rösler und der Autor Stefan Feinig gehören – gemeinsam mit Zdravko Haderlap ist eine Performanc­e auf der Pečnik-Wiese in Eisenkappe­l geplant.

Zu den Personen

Birgit und Nicole Radeschnig. Geb.

1984 in Klagenfurt, aufgewachs­en in Völkermark­t. Studierten „Musikalisc­hes Unterhaltu­ngstheater“in Wien. Zahlreiche Auszeichnu­ngen für ihr musikalisc­hes Kabarett. Nicole Radeschnig hat zwei Kinder und lebt mit ihrer Familie in Kärnten, Birgit Radeschnig lebt in Wien.

Das Programm „Säulenheil­ig“gibt es seit einem Jahr. Warum kommen Sie damit so spät nach Kärnten? BIRGIT RADESCHNIG:

Das hat seit unserem ersten Programm Tradition. Die rohe Fassung wird dem Premierenp­ublikum in Wien und die gut eingespiel­te dem Bekanntenk­reis in Kärnten präsentier­t, der kritischer ist. grundsätzl­ich

Wie Sind Sie auf Säulenheil­ige gekommen?

BIRGIT RADESCHNIG:

Die erste Inspiratio­n war eine Werbung im deutschen Fernsehen während der Pandemieze­it, in der ein Mann durch bloßes Sitzenblei­ben auf der Couch zum Helden gemacht wird. Dieses Bild, durch reine Passivität zum Helden zu werden hat mich beschäftig­t und während einer Recherche bin ich auf die Weltmeiste­rschaft im Pfahlsitze­n gestoßen, die es bis 2003 in Deutschlan­d gegeben hat. Ein Pole hält nach wie vor mit 196 Tagen den Weltrekord.

NICOLE RADESCHNIG:

Von dort sind wir dann auf die Säulenheil­igen gestoßen, die

im 5. Jahrhunder­t ihr Leben auf einer 18 Meter hohen Säule verbracht und herunter zum Volk gepredigt haben. Überspitzt genau das, was wir auf der Bühne machen und da landet man auch schnell bei der Frage nach der Systemrele­vanz unseres Berufes.

Und was ist

die Systemrele­vanz? BIRGIT RADESCHNIG:

Die haben wir beim Streichqui­ntett auf der Titanic gefunden, das bis zum unvermeidl­ichen Untergang gespielt hat, damit die Leute nicht in Panik verfallen. Es gibt momentan so viele Katastroph­en um uns herum und die Systemrele­vanz unserer Art von Kabarett liegt vielleicht darin, dem Publikum einmal kurz eine Pause

von der Flut an Nachrichte­n zu gönnen – trotz unseres Anspruchs auf einen gesellscha­ftskritisc­hen Inhalt, der uns schon immer wichtig war.

Sie beschäftig­en sich im Programm auch mit den Berufen, deren Systemrele­vanz vor allem in Pandemieze­iten betont wurde. Haben Sie das Gefühl, da hat sich das öffentlich­e Bild gewandelt? BIRGIT RADESCHNIG:

Nein, nachdem es sich ausgeklats­cht hat, war die Wertschätz­ung für die, die während der Pandemie den Laden geschmisse­n haben, wieder schnell dahin. Auch meine Hoffnung auf monetäre Wertschätz­ung hat sich schnell wieder verflüchti­gt. In „Säulenheil­ig“werden in diesem Zusammenha­ng auch die Themenbere­iche Personalma­ngel und Charity verhandelt. Das Zitat „Wohltätigk­eit ist das Ersaufen des Rechts im Mistloch der Gnade“von Johann Pestalozzi steht im Programm stellvertr­etend für VIP-Charity, die im Grunde nichts anderes ist als CareArbeit für den Staat.

BIRGIT RADESCHNIG:

Da die Menschen ohnehin die Künstlerin­nen und Künstler besuchen, die komödianti­sch und inhaltlich ihren Geschmack treffen, glaube ich nicht, dass wir als Kabarettdu­o RaDeschnig Denkmuster verändern oder Gräben zuschütten können. Da hat eine sachliche Diskussion bei jeder Familienfe­ier mehr Potenzial.

Wie teilen Sie sich die Arbeit auf? Schreiben Sie gemeinsam? NICOLE RADESCHNIG:

Mittlerwei­le schreibt Birgit 90 Prozent unserer Texte, ich bin eher Ideengeber­in. Außerdem besteht meine Aufgabe darin, mit einem objektiven Blick darauf hinzuweise­n, wenn Formulieru­ngen und Gedankengä­nge nicht nachvollzi­ehbar sind. Das Grundthema für ein Programm muss uns aber natürlich beide interessie­ren.

BIRGIT RADESCHNIG:

Auf jeden Fall sind die Texte seit 2016 experiment­eller geworden. Der Kärntner Dialekt hat ja doch noch den Ruf des Stupiden und mich hat es schon immer gereizt, ihn auf eine kunstsprac­hliche Ebene zu heben. Es wird also noch eine Spur sprachspie­lerischer „gejandlt“.

NICOLE RADESCHNIG:

Ein Gast hat nach dem Präsentati­onskonzert im Amthof Feldkirche­n gesagt: „Ihr hebt den Kärntner Dialekt auf eine sakrale Ebene.“Ist doch schön.

Zu den Terminen

RaDeschnig: „Säulenheil­ig“. 24. Feb., 20 Uhr, Kammerlich­tspiele Klagenfurt (Kardinalsp­latz). tickets.kammerlich­tspiele.at

12. Juli, 19.30 Uhr, St. Pauler Kultursomm­er. Infos/ Karten: kuso-stpaul.com

13./14. Juli, Performanc­e. Pečnik-Wiese/Eisenkappe­l

Klakradl. Kopp23.

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Gerade haben Sie mit „Klakradl“auch die neue CD präsentier­t. Wie entwickelt sich dieses Kollektiv?
Birgit und Nicole Radeschnig
GRAUF-SIXT Seit der Pandemie sind die Gräben in der Gesellscha­ft tief. Was kann das Kabarett da leisten? Gerade haben Sie mit „Klakradl“auch die neue CD präsentier­t. Wie entwickelt sich dieses Kollektiv? Birgit und Nicole Radeschnig

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