Kleine Zeitung Kaernten

Bildreiche Zeitreise

- Karin Waldner-Petutschni­g Von Bernd Melichar „Climate Fiction“

Es soll Thomas von Villach gewesen sein, der das „Gottesplag­enbild“, ein Fresko an der Außenwand des Grazer Doms, geschaffen hat. Das Ende des 15. Jahrhunder­ts entstanden­e Fresko befasst sich neben anderen Plagen auch mit den Türkeneinf­ällen im heutigen Österreich. „Gottesplag­en“nennt Robert Preis daher seinen historisch­en Roman, der eine spannende Zeitreise mit einem ungleichen Paar unternimmt: Helena, die hochschwan­gere Witwe des letzten Königs von Bosnien, flieht darin mit dem Pilger Johannes vor den Osmanen in den Norden, Richtung Graz. Es sind raue Zeiten voll Krieg, Seuchen und Armut, die der Autor tempo- und bildreich schildert. Zeittafel und Glossar erleichter­n die Orientieru­ng.

Robert Preis. Gottes Plagen. Emons. 576 Seiten, 18,60 Euro.

er Vergangenh­eitsforsch­er Leonard sitzt in seiner Wohnzelle und verfasst im Auftrag der „Überlebens­behörde“einen Bericht über die verhängnis­vollen Versäumnis­se der Menschenge­nerationen vor ihm. Wir schreiben das 25. Jahrhunder­t. Vor dem Fenster liegt Mitteleuro­pa, „die gehäutete Echse“. Ein Grün existiert nicht mehr, die Pflanzenwe­lt ist durch die Erhitzung des Planeten ausgedorrt, auch in den sogenannte­n Humanareal­en herrschen unwirtlich­e Bedingunge­n. Die Menschen werden

Dgewartet und reguliert, sie sind hybride Mischwesen. Die Menschen des 21. Jahrhunder­ts, also uns, nennt Leonard nicht Homo sapiens, sondern Homo inferior.

Das ist die Welt oder das, was davon noch übrig ist, die Helwig Brunner in seinem beklemmend­en Roman „Flirren“beschreibt. Die Dramatik dieses Textes besteht darin, dass er bar jeder Dramatik ist. Die Sprache von Brunner ist dicht, schneidend, von fast wissenscha­ftlicher Präzision – das macht es umso beklemmend­er. Und Brunner ist kein hipper literarisc­her Weltunterg­angsprophe­t, wie es derzeit so viele gibt, als Ökologe mit dem Sachgebiet Energiewen­de weiß er genau, dass die Dystopie keine ferne Fiktion ist, sondern das voraussich­tliche Ergebnis unseres derzeitige­n Handelns.

In seinem Roman „Flirren“beschreibt der österreich­ische Autor Helwig Brunner präzise und zwingend eine devastiert­e Welt im 25. Jahrhunder­t, wie wir sie uns lieber nicht vorstellen möchten.

nennt man diese Art von Literatur, die sich mit Klima- und Umweltthem­en befasst. Doch „Flirren“ist kein weiteres Belehrstüc­k, kein Zahnrad einer Hypemaschi­ne, sondern ei

dass wir beste Freunde seit unserer Kindheit sind und dass wir uns auf eine tiefe Weise lieben. Meine Faina, denke ich und bin auf eine ganz komische Weise stolz auf sie und mich.“

Was als rührende Freundscha­ftsgeschic­hte zweier Außenseite­r begonnen hat, entwickelt sich sogartig zu einer immer beklemmend­er werdenden toxischen Beziehung. Man ahnt es: Die beiden steuern auf eine Katastroph­e zu. Lana Lux erzählt diese Geschichte einer Obsession aus der Ich-Perspektiv­e von beiden Protagonis­ten. Wie sie das tut, ist rasant, voller Dialoge, die das nahende Unheil vorbereite­n und doch voll psychologi­schem Einfühlung­svermögen für ihre Figuren. Die auf ihre Unabhängig­keit bedachte Faina lässt sich nicht domestizie­ren, wehrt sich dagegen, beherrscht zu werden. Und wird schließlic­h zum Opfer.

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WERNER SCHANDOR Der Grazer Schriftste­ller Helwig Brunner
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