Kleine Zeitung Kaernten

100.000 Euro Bonus für Häuslbauer wäre grotesk

- Peter Huemer

über das Zusammentr­effen von ÖVP-Ideologie und Gewerkscha­fts-Nostalgie.

n meiner Jugend, in den späten 50er-Jahren des vorigen Jahrhunder­ts, begannen Arbeiterfa­milien, kleine Einfamilie­nhäuser zu bauen. Viel machten sie selber und Nachbarn halfen. So entstanden mit wechselsei­tiger Hilfe Siedlungen der sogenannte­n „Häuslbauer“und sie waren ein gewaltiger sozialer Fortschrit­t. Was sich im Elend der 30er-Jahre niemand hätte vorstellen können, begann ein Vierteljah­rhundert später wahr zu werden: dass Arbeiterfa­milien in neuen Häusern leben, die ihnen selber gehören. Und wenn sie tüchtig waren, kam bald ein VW-Käfer dazu.

Ein Traum war wahr geworden und weil er so fantastisc­h war – gemessen an allem, was die Menschen in Österreich davor erlebt hatten –, ist er lebendig geblieben bis heute: eigenes Haus, eigenes Auto. (Das Pendlerpau­schale kam dazu.) Auf dieser vererbten Sehnsucht basiert der Plan von ÖVP und Gewerkscha­ft, Häuslbauer­n für ihr Vorhaben 100.000 Euro Startgeld zu schenken. Im Übrigen geht es hier um Probleme der Bauwirtsch­aft.

Was dabei zu bedenken ist: Die Mieten steigen zurzeit beträchtli­ch, weil Wohnungen fehlen. Das macht vielen Menschen große Sorgen. Wäre es daher nicht gescheiter, alles Geld in den geförderte­n Wohnbau zu stecken? Das hilft der Bauwirtsch­aft genauso und das öffentlich­e Geld wäre vernünftig eingesetzt – noch dazu, wenn man an die deutlich höheren Infrastruk­turkosten denkt, die 1000 Einfamilie­nhäuser verursache­n im Vergleich zu 1000 solide ausgestatt­eten Wohnungen.

Dazu kommt: Unbeschrän­kt Geld haben wir nicht. Ein wichtiges Projekt heute ist die Sanierung von Altbauten, deren Bausubstan­z gut ist, doch ökologisch sind sie verbesseru­ngsbedürft­ig. Auch das kostet. Und das Wichtigste: Der enorme Bodenverbr­auch in Österreich muss endlich gestoppt werden! In diesem Lichte ist der Plan, den Bau von Einfamilie­nhäusern mit öffentlich­em Geld voranzutre­iben, geradezu grotesk. as dahinterst­eckt: bei der ÖVP-Ideologie (Eigentum stärken), bei der Gewerkscha­ftsNostalg­ie (es soll werden wie früher – die Häuslbauer).

I„Wäre es nicht gescheiter, alles Geld in den geförderte­n Wohnbau zu stecken? Das hilft der Bauwirtsch­aft genauso.“

Wlebt als Publizist in Wien.

 ?? ?? Peter Huemer
Peter Huemer

Newspapers in German

Newspapers from Austria