100.000 Euro Bonus für Häuslbauer wäre grotesk
über das Zusammentreffen von ÖVP-Ideologie und Gewerkschafts-Nostalgie.
n meiner Jugend, in den späten 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, begannen Arbeiterfamilien, kleine Einfamilienhäuser zu bauen. Viel machten sie selber und Nachbarn halfen. So entstanden mit wechselseitiger Hilfe Siedlungen der sogenannten „Häuslbauer“und sie waren ein gewaltiger sozialer Fortschritt. Was sich im Elend der 30er-Jahre niemand hätte vorstellen können, begann ein Vierteljahrhundert später wahr zu werden: dass Arbeiterfamilien in neuen Häusern leben, die ihnen selber gehören. Und wenn sie tüchtig waren, kam bald ein VW-Käfer dazu.
Ein Traum war wahr geworden und weil er so fantastisch war – gemessen an allem, was die Menschen in Österreich davor erlebt hatten –, ist er lebendig geblieben bis heute: eigenes Haus, eigenes Auto. (Das Pendlerpauschale kam dazu.) Auf dieser vererbten Sehnsucht basiert der Plan von ÖVP und Gewerkschaft, Häuslbauern für ihr Vorhaben 100.000 Euro Startgeld zu schenken. Im Übrigen geht es hier um Probleme der Bauwirtschaft.
Was dabei zu bedenken ist: Die Mieten steigen zurzeit beträchtlich, weil Wohnungen fehlen. Das macht vielen Menschen große Sorgen. Wäre es daher nicht gescheiter, alles Geld in den geförderten Wohnbau zu stecken? Das hilft der Bauwirtschaft genauso und das öffentliche Geld wäre vernünftig eingesetzt – noch dazu, wenn man an die deutlich höheren Infrastrukturkosten denkt, die 1000 Einfamilienhäuser verursachen im Vergleich zu 1000 solide ausgestatteten Wohnungen.
Dazu kommt: Unbeschränkt Geld haben wir nicht. Ein wichtiges Projekt heute ist die Sanierung von Altbauten, deren Bausubstanz gut ist, doch ökologisch sind sie verbesserungsbedürftig. Auch das kostet. Und das Wichtigste: Der enorme Bodenverbrauch in Österreich muss endlich gestoppt werden! In diesem Lichte ist der Plan, den Bau von Einfamilienhäusern mit öffentlichem Geld voranzutreiben, geradezu grotesk. as dahintersteckt: bei der ÖVP-Ideologie (Eigentum stärken), bei der GewerkschaftsNostalgie (es soll werden wie früher – die Häuslbauer).
I„Wäre es nicht gescheiter, alles Geld in den geförderten Wohnbau zu stecken? Das hilft der Bauwirtschaft genauso.“
Wlebt als Publizist in Wien.