Kleine Zeitung Kaernten

Ihr Kino als „Echo unserer Gegenwart“

Goldener Bär der Berlinale für die 41-jährige Regisseuri­n Mati Diop.

- Susanne Gottlieb

ovember 2021. 129 Jahre haben 26 Kunstschät­ze des ehemaligen Königreich­s Dahomey in einem Pariser Museum verbracht. Nun kehrt die in der Kolonialze­it geraubte Kunst ins heutige Benin zurück. 26 Objekte sind nur ein Bruchteil dessen, was noch in den Museen des Westens zu sehen ist. Die Konfrontat­ion mit dem kolonialen Erbe war der Jury der 74. Berlinale unter dem Vorsitz von Oscarpreis­trägerin Lupita Nyong’o am Samstagabe­nd den Goldenen Bären wert. Die 41-jährige Mati Diop zeigte sich bei der Preisverle­ihung kämpferisc­h: „Wir können die Vergangenh­eit als Bürde auffassen oder als Basis, um weiterzuko­mmen. Wir lehnen es ab, Geschichts­vergessenh­eit zu akzep- tieren.“Die Entstehung des Films war ein Glücksfall, sagte die Regisseuri­n, Kamerafrau und Schauspiel­erin zur Kleinen Zeitung. „Ich hatte die Idee, die Reise einer Maske von der kolonia- len Plünderung bis zur Rückgabe darzustell­en. Als ich 2017 hörte, dass Emmanuel Macron Artefakte zurückgebe­n

Nwollte, war ich skeptisch.“Diop hat sich als wichtige Stimme einer afro-diasporisc­hen Kultur etabliert. Geboren 1982 in Paris als Tochter eines Senegalese­n und einer Französin, war sie lange mit ihrer Identitäts­suche beschäftig­t. Erst die Befreiung aus einer westlichen kulturelle­n Dominanz habe ihr erlaubt, „mein Afrikanisc­hsein atmen zu lassen“. Diop nutzt ihr Kino dazu, eurozentri­stische Darstellun­gen zu hinterfrag­en. In ihrem Spielfilm „Atlantique“von 2019 – in Cannes mit dem Großen Preis der Jury ausgezeich­net – porträtier­t sie Arbeiter in Dakar, die über das Meer in eine bessere Zukunft fliehen wollen. „Ich war 20 Jahre alt, als das Skelett von Sarah ,Saartjie‘ Baartman an Südafrika zurückgege­ben wurde. Die Medien berichtete­n zwar darüber, aber sie wollten kein Aufsehen machen“, erinnert sich Diop. Ihr Film soll einen Beitrag leisten. „Das Kino soll ein Echo unserer Gegenwart sein und ein Archiv afrikanisc­her Geschichte schaffen.“

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