Nehammer drängt auf Verhandlungen
Ukraine-Sondergipfel in Paris will Kiew den Rücken stärken. Macron fürchtet, dass Russland in ein paar Jahren Europa angreift.
ier Tage nach dem zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Europas Regierungschefs, darunter auch Bundeskanzler Karl Nehammer, zu einem kurzfristig einberufenen Gipfel ins Elysée nach Paris geladen. Dass die Ukraine in den letzten Monaten in die Defensive gedrängt worden ist, bereitet den meisten westlichen Regierungen großes Kopfzerbrechen.
Vor allem macht sich die Befürchtung breit, dass die USA bei einem Trump-Triumph den Ukrainern die militärische Unterstützung entziehen und den Europäern sicherheitspolitisch den Rücken zuwenden könnten – mit Kremlchef Wladimir Putin als lachendem Dritten. Macron äußerte in seinem Eingangsstatement die Befürchtung, dass Russland „in ein paar Jahren“Europa angreifen könnte.
VDie Dringlichkeit des Treffens dürfte allerdings innenpolitische Gründe haben: Zum einen sitzen Macron die französischen Bauern im Nacken, am Wochenende war der Staatspräsident auf der jährlichen Landwirtschaftsmesse heftigen Anfeindungen ausgesetzt, zum anderen muss sich Macron immer öfter im In- wie auch im Ausland den Vorwurf gefallen lassen, nicht genügend für die Ukraine zu tun. Ex-Präsident François Hollande rechnete kürzlich in einem Gastbeitrag vor, dass Frankreich mit seiner militärischen Pro-Kopf-Unterstützung im Westen bloß Platz 15 einnehme. Auch die Abstimmung mit Berlin funktioniere überhaupt nicht.
Im Vorfeld des Gipfels, an dem auch Olaf Scholz, Spaniens Pedro Sánchez und aus Großbritannien Außenminister David Cameron teilgenommen haben, erklärte Macron, es müsse alles getan werden, damit Russland
„nicht in der Ukraine gewinnt.“Er wolle im Kreis der Regierungschefs eine „strategische Diskussion über unsere Ukraine-Hilfe“führen. „Wir wollen Putin eine klare Botschaft senden.“Ganz so friktionsfrei ist die Stimmung im Kreis der Europäer nicht. Weil Macron einen G-7Videocall geschwänzt hatte, blieb Italiens Premierministerin und G-7-Vorsitzende Giorgia Meloni gestern lieber in Rom.
Nehammer, neben dem irischen Premier Leo Varadkar der einzige Vertreter eines neutralen Landes in Paris, schlug andere Töne an. „Russland darf keinen Erfolg haben“, betonte der Kanzler, um dem hinzuzufügen: „Das Sterben muss ein Ende haben. Was in letzter Zeit zu kurz gekommen ist, ist das Streben nach Verhandlungen.“
nicht den Eindruck erwecken, dass er den Ukrainern in den Rücken fallen will. Die Europäer sollten stärker den Versuch unternehmen, Länder wie China, Indien, die Türkei, Brasilien bei der Suche
Nehammer will
nach einer Verhandlungslösung an Bord zu holen. „Wir Europäer befinden uns in einer Echokammer. Große Teile der Welt sehen den Konflikt anders.“Nehammer befürchtet, dass die Russen auf Zeit spielen und auf einen langen, blutigen Abnützungskrieg setzen – in der Hoffnung, am Ende des Tages militärisch die Oberhand zu gewinnen.