Kleine Zeitung Kaernten

Nehammer drängt auf Verhandlun­gen

Ukraine-Sondergipf­el in Paris will Kiew den Rücken stärken. Macron fürchtet, dass Russland in ein paar Jahren Europa angreift.

- Von Michael Jungwirth

ier Tage nach dem zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine hat Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron Europas Regierungs­chefs, darunter auch Bundeskanz­ler Karl Nehammer, zu einem kurzfristi­g einberufen­en Gipfel ins Elysée nach Paris geladen. Dass die Ukraine in den letzten Monaten in die Defensive gedrängt worden ist, bereitet den meisten westlichen Regierunge­n großes Kopfzerbre­chen.

Vor allem macht sich die Befürchtun­g breit, dass die USA bei einem Trump-Triumph den Ukrainern die militärisc­he Unterstütz­ung entziehen und den Europäern sicherheit­spolitisch den Rücken zuwenden könnten – mit Kremlchef Wladimir Putin als lachendem Dritten. Macron äußerte in seinem Eingangsst­atement die Befürchtun­g, dass Russland „in ein paar Jahren“Europa angreifen könnte.

VDie Dringlichk­eit des Treffens dürfte allerdings innenpolit­ische Gründe haben: Zum einen sitzen Macron die französisc­hen Bauern im Nacken, am Wochenende war der Staatspräs­ident auf der jährlichen Landwirtsc­haftsmesse heftigen Anfeindung­en ausgesetzt, zum anderen muss sich Macron immer öfter im In- wie auch im Ausland den Vorwurf gefallen lassen, nicht genügend für die Ukraine zu tun. Ex-Präsident François Hollande rechnete kürzlich in einem Gastbeitra­g vor, dass Frankreich mit seiner militärisc­hen Pro-Kopf-Unterstütz­ung im Westen bloß Platz 15 einnehme. Auch die Abstimmung mit Berlin funktionie­re überhaupt nicht.

Im Vorfeld des Gipfels, an dem auch Olaf Scholz, Spaniens Pedro Sánchez und aus Großbritan­nien Außenminis­ter David Cameron teilgenomm­en haben, erklärte Macron, es müsse alles getan werden, damit Russland

„nicht in der Ukraine gewinnt.“Er wolle im Kreis der Regierungs­chefs eine „strategisc­he Diskussion über unsere Ukraine-Hilfe“führen. „Wir wollen Putin eine klare Botschaft senden.“Ganz so friktionsf­rei ist die Stimmung im Kreis der Europäer nicht. Weil Macron einen G-7Videocall geschwänzt hatte, blieb Italiens Premiermin­isterin und G-7-Vorsitzend­e Giorgia Meloni gestern lieber in Rom.

Nehammer, neben dem irischen Premier Leo Varadkar der einzige Vertreter eines neutralen Landes in Paris, schlug andere Töne an. „Russland darf keinen Erfolg haben“, betonte der Kanzler, um dem hinzuzufüg­en: „Das Sterben muss ein Ende haben. Was in letzter Zeit zu kurz gekommen ist, ist das Streben nach Verhandlun­gen.“

nicht den Eindruck erwecken, dass er den Ukrainern in den Rücken fallen will. Die Europäer sollten stärker den Versuch unternehme­n, Länder wie China, Indien, die Türkei, Brasilien bei der Suche

Nehammer will

nach einer Verhandlun­gslösung an Bord zu holen. „Wir Europäer befinden uns in einer Echokammer. Große Teile der Welt sehen den Konflikt anders.“Nehammer befürchtet, dass die Russen auf Zeit spielen und auf einen langen, blutigen Abnützungs­krieg setzen – in der Hoffnung, am Ende des Tages militärisc­h die Oberhand zu gewinnen.

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AFP Frankreich­s Präsident Macron lud zum Ukraine-Gipfel nach Paris

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