Schluss mit dem Bekämpfen
Männer müssen begreifen, dass die Forderung nach Gleichberechtigung von Frauen keine Kampfansage ist. Sonst wird sich nie etwas ändern.
s war eine Frage der Zeit, bis es wieder passiert. Jetzt war es so weit. Innerhalb weniger Tage wurden in Österreich fünf Frauen und ein Mädchen getötet. Am Freitag wurden eine 13-Jährige und ihre Mutter (51) in Wien tot aufgefunden, tatverdächtig ist der 53- jährige Vater und Ehemann. Am selben Abend starben drei Frau- en nach einer Messerattacke in einem asiatischen Massagesa- lon. Der mutmaßliche Täter: ein 27-jähriger Asylwerber aus Af- ghanistan. Gestern erschoss ein 93-jähriger Niederösterreicher seine 84-jährige Ehefrau.
Jede Tat hat andere Hinter- gründe und doch haben sie ei- nen gemeinsamen Nenner: den Täter. In jedem dieser Fälle hat ein Mann auf grausame Weise das Leben einer Frau ausge- löscht. Seit 2014 werden pro Monat bis zu drei Frauen öster- reichweit getötet. Im vergange- nen Jahr waren es 26 Femizide. Die meisten davon in der Steier- mark: elf. Die Hoffnung, dass sich dieses Problem irgendwann von selbst löst, wird sich nie er- füllen. Wie gehen wir als Medi- um damit um? Wie sollen wir über derartig schreckliche Taten berichten, ohne dass die Gesell
Eschaft irgendwann abstumpft? Welchen Zugang braucht es, um die Grausamkeit der Gescheh- nisse aufzuzeigen und ein Um- denken der Gesellschaft zu be- wirken? In jedem Fall braucht es dringend eine Politik, die eine klare Richtung vorgibt und sich nicht mit Bagatellen herum- schlägt. Oder darauf wartet, dass das Problem von allein ver- schwindet. Es reicht nicht, wenn sich eine Frauenministerin nach jedem Vorfall „erschüttert“zeigt und in eine Schockstarre ver- fällt, bis wieder etwas passiert.
Was es dringend braucht, ist die Beseitigung von Denkmus- tern und Verhaltensweisen, die Gewalt und Unterdrückung er- möglichen. Männer, die archai- sche Werte vertreten und das westliche Frauenbild ablehnen, tragen maßgeblich zum Pro- blem bei, weil ihnen das Ver- ständnis für Geschlechterge- rechtigkeit fehlt. Ihre falschen Überzeugungen verstärken bestehende Ungleichheiten. Gewalt fängt nicht beim gewalttätigen Partner oder beim sexuellen Übergriff an. Es beginnt damit, dass Frauen nicht weniger verdienen sollten als ihre männlichen Kollegen, sie sollten das Kleid oder den Rock tragen dürfen, ohne sich viele Gedanken darüber zu machen, sie sollten nachts nicht ängstlich die Straßenseite wechseln müssen, wenn ihnen ein Mann folgt. änner müssen begreifen, dass sie nicht über das Leben und die Entscheidungen von Frauen bestimmen können. Ganz egal, ob Jung, Alt, Einheimischer oder Migrant. Sie müssen verstehen, dass die Welt nicht mehr nach männlich dominierten Codes funktioniert und dass feministische Bewegungen keine Bedrohung darstellen. Sie müssen verstehen lernen, dass die Forderung nach Gleichberechtigung keine Kampfansage ist. Deshalb ist es wichtig, nicht nur die Symptome zu behandeln, sondern die tieferen Ursachen anzugehen und einen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis es wieder passiert.
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