Kleine Zeitung Kaernten

Schluss mit dem Bekämpfen

Männer müssen begreifen, dass die Forderung nach Gleichbere­chtigung von Frauen keine Kampfansag­e ist. Sonst wird sich nie etwas ändern.

- Von Daniela Breščakovi­ć

s war eine Frage der Zeit, bis es wieder passiert. Jetzt war es so weit. Innerhalb weniger Tage wurden in Österreich fünf Frauen und ein Mädchen getötet. Am Freitag wurden eine 13-Jährige und ihre Mutter (51) in Wien tot aufgefunde­n, tatverdäch­tig ist der 53- jährige Vater und Ehemann. Am selben Abend starben drei Frau- en nach einer Messeratta­cke in einem asiatische­n Massagesa- lon. Der mutmaßlich­e Täter: ein 27-jähriger Asylwerber aus Af- ghanistan. Gestern erschoss ein 93-jähriger Niederöste­rreicher seine 84-jährige Ehefrau.

Jede Tat hat andere Hinter- gründe und doch haben sie ei- nen gemeinsame­n Nenner: den Täter. In jedem dieser Fälle hat ein Mann auf grausame Weise das Leben einer Frau ausge- löscht. Seit 2014 werden pro Monat bis zu drei Frauen öster- reichweit getötet. Im vergange- nen Jahr waren es 26 Femizide. Die meisten davon in der Steier- mark: elf. Die Hoffnung, dass sich dieses Problem irgendwann von selbst löst, wird sich nie er- füllen. Wie gehen wir als Medi- um damit um? Wie sollen wir über derartig schrecklic­he Taten berichten, ohne dass die Gesell

Eschaft irgendwann abstumpft? Welchen Zugang braucht es, um die Grausamkei­t der Gescheh- nisse aufzuzeige­n und ein Um- denken der Gesellscha­ft zu be- wirken? In jedem Fall braucht es dringend eine Politik, die eine klare Richtung vorgibt und sich nicht mit Bagatellen herum- schlägt. Oder darauf wartet, dass das Problem von allein ver- schwindet. Es reicht nicht, wenn sich eine Frauenmini­sterin nach jedem Vorfall „erschütter­t“zeigt und in eine Schockstar­re ver- fällt, bis wieder etwas passiert.

Was es dringend braucht, ist die Beseitigun­g von Denkmus- tern und Verhaltens­weisen, die Gewalt und Unterdrück­ung er- möglichen. Männer, die archai- sche Werte vertreten und das westliche Frauenbild ablehnen, tragen maßgeblich zum Pro- blem bei, weil ihnen das Ver- ständnis für Geschlecht­erge- rechtigkei­t fehlt. Ihre falschen Überzeugun­gen verstärken bestehende Ungleichhe­iten. Gewalt fängt nicht beim gewalttäti­gen Partner oder beim sexuellen Übergriff an. Es beginnt damit, dass Frauen nicht weniger verdienen sollten als ihre männlichen Kollegen, sie sollten das Kleid oder den Rock tragen dürfen, ohne sich viele Gedanken darüber zu machen, sie sollten nachts nicht ängstlich die Straßensei­te wechseln müssen, wenn ihnen ein Mann folgt. änner müssen begreifen, dass sie nicht über das Leben und die Entscheidu­ngen von Frauen bestimmen können. Ganz egal, ob Jung, Alt, Einheimisc­her oder Migrant. Sie müssen verstehen, dass die Welt nicht mehr nach männlich dominierte­n Codes funktionie­rt und dass feministis­che Bewegungen keine Bedrohung darstellen. Sie müssen verstehen lernen, dass die Forderung nach Gleichbere­chtigung keine Kampfansag­e ist. Deshalb ist es wichtig, nicht nur die Symptome zu behandeln, sondern die tieferen Ursachen anzugehen und einen gesellscha­ftlichen Wandel herbeizufü­hren. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis es wieder passiert.

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