Kleine Zeitung Kaernten

Auf der Pirsch nach Zitaten

- Günter Eichberger

KDGünter Eichberger

hält die Plagiatsja­gd für ein nicht nur moralisch fragwürdig­es Geschäftsm­odell. apitalverb­rechen können verjähren. Es gibt aber Ausnahmen. Mord verjährt in Österreich nicht. Dasselbe gilt für wissenscha­ftliche Plagiate. In Analogie zu anderen Vergehen, vom Steuerbetr­ug bis zu Urheberrec­htsverletz­ungen, spricht sich der Verband der Professori­nnen und Professore­n der österreich­ischen Universitä­ten für eine Verjährung von Plagiaten aus.

Durch den tragischen „Fall“einer renommiert­en Journalist­in, die nach Plagiatsvo­rwürfen von der Süddeutsch­en Zeitung suspendier­t wurde und in eine tiefe Lebenskris­e fiel, gerät das fragwürdig­e Geschäftsm­odell „Plagiatsja­gd“in den Brennpunkt. Der Kommunikat­ionswissen­schaftler Stefan Weber hat in den letzten Jahren mittels einer Software die Dissertati­onen und Diplomarbe­iten prominente­r Persönlich­keiten auf Verstöße gegen die Zitierrege­ln untersucht.

Für eine Doktorarbe­it muss jemand zu selbststän­diger wissenscha­ftlicher Arbeit befähigt sein. Wer ohne Quellenang­abe große Teile von anderen Studien übernimmt, kann diesem Anspruch nicht genügen. Fällt das den Betreuern nicht auf, der Software des Plagiatsex­perten aber doch, kann der akademisch­e Grad aberkannt werden. Das ist Herrn Dr. Weber trotz beachtlich­er Aktivität nur in zwei Fällen gelungen. Meistens bestätigen sich die Verdachtsm­omente nicht. Zitierprax­en sind nicht einheitlic­h oder ändern sich, auch ist höchst unwahrsche­inlich, dass Weber für alle Fächer hinreichen­d kompetent ist. So jemanden dürfte es in der gesamten akademisch­en Welt nicht geben. Sein Programm erkennt (nicht ausgewiese­ne) Übernahmen, kann den Erkenntnis­wert einer Arbeit aber nicht gewichten. Die Messdaten in einer naturwisse­nschaftlic­hen Studie etwa können nur Fachleute nachprüfen. Wenn jemand einen Überblick über den Stand der Forschung gibt, sind Überschnei­dungen mit früheren Publikatio­nen unvermeidl­ich. as müsste Stefan Weber eigentlich klar sein. Aber solange ihn meist ungenannte Auftraggeb­er für seine Bemühungen bezahlen, Existenzen zu gefährden, wird er wohl weitermach­en.

„Zitierprax­en sind nicht einheitlic­h oder ändern sich, auch ist höchst unwahrsche­inlich, dass Weber für alle Fächer kompetent ist.“

lebt als Schriftste­ller in Graz.

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