Missstände gehören benannt
Staatssekretärin Andrea Mayer über die NDR-Doku und die Folgen.
ie NDR-Doku „Gegen das Schweigen“und die darin erhobenen Vorwürfe gegen die Regisseure Julian Pölsler und Paulus Manker rütteln die Kulturbranche weiter auf. Arrivierte Schauspieler wie Cornelius Obonya und Erwin Steinhauer gaben den Betroffenen, wie berichtet, Rückendeckung. 200 Menschen haben die Journalistinnen Zita Zengerling und Kira Gantner in einem Zeitraum von drei Jahren dafür befragt und sehr viele Erlebnisse aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gehört. „Dass am Ende zwei Österreicher im Film gelandet sind, liegt eher daran, dass wir bei ihnen besonders viele Menschen gefunden haben, die sprechen wollen“, erklärt das Team auf Nachfrage. Und: „Schon kurz nach der Veröffentlichung haben uns neue Berichte erreicht“, sagen sie. „Wir bleiben aber auf jeden Fall am Thema dran. Nicht nur in dieser Branche.“
In Österreich meldete sich auch Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer am Mittwoch im
DORF zu Wort: „Ich finde es unerträglich, dass wir immer mit Machtmissbrauch, sexualisierter und verbaler Gewalt konfrontiert sind. Damit muss Schluss sein!“Auf Nachfrage der Kleinen Zeitung konkretisiert sie: „Aber dass genau diese Fälle jetzt thematisiert werden, dass Opfer sich ermächtigt sehen, öffentlich über ihre Erfahrungen zu sprechen – das ist ja Teil der Bewusstseinsänderung, die hier stattgefunden hat. Natürlich sind wir mit diesem Prozess – leider – noch nicht am Ende, aber wir sind auf dem richtigen Weg.“Die aktuell geschilderten Fälle würden schon einige Jahre zurückliegen. „Ich hoffe sehr, dass das schon jetzt, mit all dem, was in den letzten Jahren aufgebrochen ist, nicht mehr so leicht möglich ist.“
Die wichtigste strukturelle Veränderung müsste, so Mayer, in den Köpfen passieren – in der ganzen Gesellschaft. „Man darf aber nicht den Opfern von Machtmissbrauch die alleinige Verantwortung zuschieben, sich zur Wehr zu setzen“, erklärt sie. „Betroffene müssen Gehör bekommen, Missstände müssen benannt werden, um sie beseitigen zu können.“Kunst und Kultur seien ein hochsensibles Arbeits- und Lebensumfeld. „Überall, wo es aufgrund der Tätigkeit an sich, aufgrund von Hierarchien und von zwangsläufiger körperlicher Nähe, Risiken für Übergriffe gibt, müssen wir besonders aufmerksam sein.“Eine gerechtere Bezahlung stehe im Fokus. „Allein heuer schütten wir dafür 10 Millionen Euro aus.“
„Betroffene müssen Gehör finden“