Ein Abschied als Protest
Das Begräbnis von Alexei Nawalny wurde zum Lebenszeichen der russischen Opposition. Tausende verabschiedeten den Kremlkritiker.
ier Stunden warte ich schon“, sagt der Mann mit grauem Dreitagebart. Er hält zwei rote Nelken hoch, damit sie nicht zerdrückt werden. „Das Chaos haben sie absichtlich organisiert.“
„Nawalny!“, ruft der Erste, andere stimmen ein. Handys werden in die Luft gestreckt, man sieht, wie ein polierter
Holzsarg in einen schwarzen
Kleinbus geschoben wird. Alexei Nawalny, der tote Führer der russischen Opposition, tritt seine letzte Autofahrt an. Von der Kirche im Moskauer Außenbezirk Marino zum gut eineinhalb Kilometer entfernten Borissower Friedhof. Trotz eines Großaufgebots
Vvon Polizei und anderen uniformierten Sicherheitskräften, viele von ihnen maskiert, ist der Andrang riesig.
Mit Nawalnys Beisetzung endete gestern für seine Familie und seine Anhänger ein Alptraum, der am 16. Februar mit der Nachricht von seinem Tod im sibirischen Straflager begonnen hatte. Tagelang wurde zuletzt um ein Gebäude gefeilscht, in dem Anhänger und auch offizielle Vertreter von ihm Abschied nehmen können. Österreich folgte dem Beispiel vieler westlicher Länder und schickte Botschafter Werner Almhofer zum Begräbnis.
Aber Nawalny kommt zunächst nicht. Seine Pressesprecherin schreibt, Nawalnys Eltern Ludmilla und Anatolij hätten ihren toten Sohn um 10 Uhr morgens abholen wollen, aber jemand hält den Leichnam zurück. Der schwarze „Ritual“Kleinbus taucht erst gegen 14 Uhr vor der Kirche auf.
Die Studentin Katja steht ganz vorne in der Schlange. Sie ist mit dem Flugzeug aus dem 2800 Kilometer entfernten Nowosibirsk gekommen, Olga, die neben ihr steht, nahm 1400 Kilometer auf sich. Sie hätten Nawalny nicht gekannt, aber hätten an ihn geglaubt. „Ein junger Mann, schön und stark, sie haben ihn gequält, aber ich habe immer gehofft, er könnte das aushalten“, sagt Olga.
In der rund zwei Kilometer langen Schlange steht auch eine Moskauer Kinderpsychologin, auch sie heißt Katja. Sie hat am