„Demokratie ist nicht immerwährend“
Politologin Stainer-Hämmerle ortet einen „Konstruktionsfehler“im politischen Diskurs.
zeichnet sich vorerst bisher beim Thema Liveübertragung der Befragungen ab: Während die anderen Fraktionen eine solche seit Längerem fordern, stemmte sich die ÖVP bisher dagegen. Ende des vergangenen Jahres deutete ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker einen Sinneswandel an, doch Gespräche, die seither im Hintergrund geführt wurden, haben offenbar kein Ergebnis gebracht. Die Öffentlichkeit wird also auch diese beiden Untersuchungsausschüsse nur via Medienberichte verfolgen können.
Heute vor 91 Jahren, am 4. März 1933, traten innerhalb weniger Stunden alle drei Parlamentspräsidenten zurück. Der damalige Kanzler Engelbert Dollfuß nahm dies zum Anlass, um das Parlament aufzulösen und in Österreich ein autoritäres Regime zu installieren. Kann sich die Geschichte wiederholen?
Aus Anlass des Jahrestags lud Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zu einer Gesprächsrunde in sein Büro. Der Historiker Kurt Bauer, der an der ersten wissenschaftlichen Dollfuß-Biografie schreibt, stellt die Ereignisse in einen historischen Kontext: „In den Dreißigerjahren war die parlamentarische Demokratie ein Auslaufmodell. In vielen Ländern entstanden faschistische oder autoritäre Regierungen.“Warum Dollfuß den Schritt gesetzt hatte? „Er hatte keine Mehrheit, auch drohten Neuwahlen. Die Christlichsozialen konnten ihr Glück nicht fassen.“
Sobotka erinnert an die katastrophale wirtschaftliche Situation, die ideologischen Gegensätze zwischen den Lagern sowie das fehlende Vertrauen in die parlamentarische Demokratie. „Damals waren nicht die Ränder, sondern die Mitte radikalisiert. Heute haben wir eine reife Demokratie mit hohen Zustimmungswerten. Vor allem gibt es keinen Zug zum Autoritarismus. Das ist der größte Unterschied.“Der ÖVPPolitiker warnt aber vor einem Laisser-faire. „Die Demokratie ist nicht immerwährend. Jede Generation muss sich das neu erarbeiten.“
Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle ortet heute eine ausgeprägte gesellschaftspolitische Resilienz: „Zwar gibt es wieder den Wunsch nach dem starken Mann, der sich nicht zu sehr ums Parlament kümmert, es gibt aber selbstbewusste Gegenspieler: das Parlament selbst, die Justiz, die Bevölkerung.“Der Ruf nach dem starken Mann werde ausgelöst durch die hohe Erwartungshaltung an die Politik, wobei die Politik den Menschen nicht reinen Wein einschenkt. „Wir sind mit globalen Problemen konfrontiert, betreiben aber eine nationale Politik. Das ist ein Konstruktionsfehler.“Die Leute ahnen, dass die nationale Politik an ihre Grenzen stößt. „Von den Eliten wird dies aber nicht kommuniziert.“
meint, dass man den Nobelpreisträger an seinem literarischen Werk messen sollte.