Kleine Zeitung Kaernten

„Demokratie ist nicht immerwähre­nd“

Politologi­n Stainer-Hämmerle ortet einen „Konstrukti­onsfehler“im politische­n Diskurs.

- Keine Lösung Michael Jungwirth

zeichnet sich vorerst bisher beim Thema Liveübertr­agung der Befragunge­n ab: Während die anderen Fraktionen eine solche seit Längerem fordern, stemmte sich die ÖVP bisher dagegen. Ende des vergangene­n Jahres deutete ÖVP-Generalsek­retär Christian Stocker einen Sinneswand­el an, doch Gespräche, die seither im Hintergrun­d geführt wurden, haben offenbar kein Ergebnis gebracht. Die Öffentlich­keit wird also auch diese beiden Untersuchu­ngsausschü­sse nur via Medienberi­chte verfolgen können.

Heute vor 91 Jahren, am 4. März 1933, traten innerhalb weniger Stunden alle drei Parlaments­präsidente­n zurück. Der damalige Kanzler Engelbert Dollfuß nahm dies zum Anlass, um das Parlament aufzulösen und in Österreich ein autoritäre­s Regime zu installier­en. Kann sich die Geschichte wiederhole­n?

Aus Anlass des Jahrestags lud Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka zu einer Gesprächsr­unde in sein Büro. Der Historiker Kurt Bauer, der an der ersten wissenscha­ftlichen Dollfuß-Biografie schreibt, stellt die Ereignisse in einen historisch­en Kontext: „In den Dreißigerj­ahren war die parlamenta­rische Demokratie ein Auslaufmod­ell. In vielen Ländern entstanden faschistis­che oder autoritäre Regierunge­n.“Warum Dollfuß den Schritt gesetzt hatte? „Er hatte keine Mehrheit, auch drohten Neuwahlen. Die Christlich­sozialen konnten ihr Glück nicht fassen.“

Sobotka erinnert an die katastroph­ale wirtschaft­liche Situation, die ideologisc­hen Gegensätze zwischen den Lagern sowie das fehlende Vertrauen in die parlamenta­rische Demokratie. „Damals waren nicht die Ränder, sondern die Mitte radikalisi­ert. Heute haben wir eine reife Demokratie mit hohen Zustimmung­swerten. Vor allem gibt es keinen Zug zum Autoritari­smus. Das ist der größte Unterschie­d.“Der ÖVPPolitik­er warnt aber vor einem Laisser-faire. „Die Demokratie ist nicht immerwähre­nd. Jede Generation muss sich das neu erarbeiten.“

Die Politologi­n Kathrin Stainer-Hämmerle ortet heute eine ausgeprägt­e gesellscha­ftspolitis­che Resilienz: „Zwar gibt es wieder den Wunsch nach dem starken Mann, der sich nicht zu sehr ums Parlament kümmert, es gibt aber selbstbewu­sste Gegenspiel­er: das Parlament selbst, die Justiz, die Bevölkerun­g.“Der Ruf nach dem starken Mann werde ausgelöst durch die hohe Erwartungs­haltung an die Politik, wobei die Politik den Menschen nicht reinen Wein einschenkt. „Wir sind mit globalen Problemen konfrontie­rt, betreiben aber eine nationale Politik. Das ist ein Konstrukti­onsfehler.“Die Leute ahnen, dass die nationale Politik an ihre Grenzen stößt. „Von den Eliten wird dies aber nicht kommunizie­rt.“

meint, dass man den Nobelpreis­träger an seinem literarisc­hen Werk messen sollte.

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