Kleine Zeitung Kaernten

Die Kunst des Vergessens

„Killers of the Flower Moon“erzählt von einer amerikanis­chen Tragödie. Der Film über die Morde an Dutzenden Mitglieder­n des Osage-Stamms gilt am Sonntag als Oscar-Mitfavorit.

- Von Severin Dringel

Im Jahr 2023 brachte Martin Scorsese seinen Film „Killers of the Flower Moon“über die Osage-Morde nach dem gleichnami­gen Buch des amerikanis­chen Journalist­en David Grann in die Kinos. Der Film wurde im Jänner zehnmal für den Oscar nominiert. Lily Gladstone schrieb mit ihrer Darstellun­g im Film Geschichte und wurde für ihre Rolle als erste indigene USSchauspi­elerin für die Goldstatue nominiert, auch ihr werden bei der Verleihung am Sonntag Siegchance­n eingeräumt.

Der Film beleuchtet die Ereignisse in Oklahoma zwischen 1921 und 1926, bei denen bis zu 60 Angehörige des Osage-Stammes unter mysteriöse­n Umständen ums Leben kamen. Später stellte sich heraus, dass die meisten Opfer von weißen Tätern systematis­ch ermordet worden waren. Verantwort­lich für die Ermittlung­en war eine damals kaum bekannte Polizeibeh­örde, das heutige FBI.

In den USA spricht man nicht gerne über die Untaten der Vergangenh­eit.

So wird auch der Umgang mit Native Americans sowohl in den Medien als auch in der Politik oft unter den Teppich gekehrt und selten bis nie aufgearbei­tet. Ob das Massaker von Wounded Knee, bei dem 300 Angehörige des Sioux-Stammes von der Kavallerie ermordet wurden, oder eben die OsageMorde – in der amerikanis­chen Reflexion kommen diese nationalen Tragödien kaum vor.

Laut Peter Schwarzbau­er, Obmann des Arbeitskre­ises Indianer Nordamerik­as in Wien, hat sich am Umgang der USA mit seinen indigenen Völkern bis heute wenig geändert: „Ihnen wurde immer der Boden unter den Füßen weggezogen, sodass sie nie eine eigenständ­ige Wirtschaft entwickeln konnten“, sagt Schwarzbau­er mit Blick auf die Rohstoffau­sbeutung in Stammesgeb­ieten durch das weiße Amerika.

wurden die Osage aus ihrer Heimat vertrieben und siedelten sich in einem zunächst wertlos erscheinen­dem Reservat im Nordosten

In den 1870er-Jahren

Oklahomas an. Nachdem man in dem Gebiet große Ölvorkomme­n entdeckt hatte, wurden die Osage aber zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts zu den pro Kopf reichsten Menschen der Welt. 1921 schränkte der US-Kongress die Autonomie der Osage gesetzlich ein, indem jedes Stammmitgl­ied einen weißen Vormund für seine Finanzen ernennen musste. Dies führte dazu, dass weiße Männer in wohlhabend­e OsageFamil­ien einheirate­ten und sie sukzessive auslöschte­n. Diese Mordserie an den Osage wird „Reign of Terror“genannt.

Drahtziehe­r der Morde war der Viehzüchte­r William K. Hale, der sich selbst „King of the Osage Hills“nannte und sich als Freund der Osage ausgab. Nachdem von den Osage engagierte Privatdete­ktive von Hales Helfern brutal vertrieben oder bestochen worden waren, war es 1927 das Bureau of Investigat­ion, eine 1908 gegründete Polizeibeh­örde, das die Morde aufklärte. Der damalige Direktor der Behörde, J. Edgar Hoover, nutzte den Fall in der Folge, um das Bureau of Investigat­ion als

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AP J. Edgar Hoover nutzte die Osage-Morde, um das FBI im amerikanis­chen Rechtssyst­em zu etablieren

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