„Abnehmspritze“sorgt für volle Ambulanzen
Medikamente gegen Diabetes sind Mangelware. Patientenströme müssen nach Dringlichkeit gefiltert werden. Expertin warnt.
ls Elon Musk und Kim Kardashian und viele weitere Stars zur „Abnehmspritze“griffen, setzte das eine Kettenreaktion frei, die bis nach Kärnten reichte. Was sich die beiden Superstars – und daraufhin Millionen Menschen weltweit – verabreicht haben, lässt den Hunger weniger und das Sättigungsgefühl mehr werden. Wer doch zu viel isst, der erbricht. Weil es sich um den Nachbau einer körpereigenen Substanz handelt, sind die Nebenwirkungen, die zu erwarten sind, nur relativ gering. Ein Wundermittel, meinen viele.
Doch mindestens einen Haken gibt es: Das Präparat wird auch zur Behandlung von Diabetes Typ 2 eingesetzt und ist seit dem über soziale Medien ausgelösten Hype um seine verschlankende Wirkung weltweit Mangelware. Gleiches gilt für die „Pens“, mit denen das Präparat gespritzt wird.
AIn Kärnten ist der Anteil an Patienten, die auf Ozempic oder Victoza (unter diesen Namen werden die Präparate verkauft) angewiesen sind, relativ hoch. Bis zu zehn Prozent der Erkrankten wurden in den vergangenen Jahren darauf eingestellt. Mit großem Erfolg, wie Sandra Zlamal-Fortunat weiß. Die Oberärztin und Leiterin der Diabetesambulanz im Klinikum Klagenfurt und ihre Mitarbeiterinnen sind seit Monaten mit einem regelrechten Ansturm konfrontiert. Hinzu kommen zahlreiche Anrufe von Menschen, denen die Medikamente ausgehen. „Wir müssen vermehrt beunruhigte und verärgerte Patienten beraten und wir können ihnen oft keine adäquate Alternative anbieten. Bei uns Ärzten löst die Situation eine enorme Frustration aus, weil sich bereits erzielte Erfolge in Schall und Rauch auflösen“, berichtet die Internistin.
der Misere können weitreichend sein. Betroffene leiden gerade unter enorm gefährlichen Schwankungen ihres Zuckerspiegels. Das Resultat könnte erst in einigen Jahren vollständig absehbar sein. Experten erwarten steigende Zahlen von Schlaganfällen, Herzinfarkten und Amputationen. Die unmittelbare Folge ist, dass Patienten als letzten Schritt in ihrer Behandlung auf Insulin ausweichen müssen, wodurch das Un
terzuckerungsrisiko um ein Vielfaches steigt. „Es ist wirklich schlimm mitanzusehen, wenn Erkrankte alles im Griff haben und dann plötzlich unverschuldet gesundheitlich wieder total entgleisen“, sagt Zlamal-Fortunat.
Jene, die es sich leisten konnten, sind nach Italien oder Slowenien ausgewichen und haben dort ihre Präparate gekauft. Auch das ist mittlerweile nicht mehr möglich. Der Mangel betrifft ganz Europa. Entwickelt hat sich so etwas wie ein Restemarkt.
„Es ist alles etwas undurchsichtig. Ich habe wohlhabende Patienten, die keine Chance haben. Dann gibt es wieder ein paar Schlaue, die sich das Präparat irgendwie besorgen und wieder andere Menschen, die durchgehend von ihrer Apotheke versorgt wurden“, staunt selbst Zlamal-Fortunat immer wieder.
Im Laufe des Jahres soll sich die Situation wieder entspannen, kündigen die Hersteller an. Dass sich Menschen mit Adipositas das Medikament verabreichen, sei an sich auch nicht das Problem. „Auch das ist eine
Fachtagung in Kärnten
Zum ersten Mal seit zehn Jahren findet (12./13. April im Congress Center Villach) die Frühjahrstagung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft in Kärnten statt. Unter dem Titel „Diabetes im Tauziehen zwischen Innovation und Ressourcen“wird die aktuelle Situation beleuchtet.
Krankheit. Man kann nur schwer beurteilen, wer den Wirkstoff verdient und wer nicht“, sagt Zlamal-Fortunat. Sie selbst behandle in ihrer Klagenfurter Ordination auch Menschen, die stark übergewichtig sind und mit den Folgeerscheinungen kämpfen. Da brauche es medikamentöse Unterstützung, um überhaupt eine Gewichtsreduktion zu erreichen. Operationen oder sogar einfache MRTUntersuchungen können bei starkem Übergewicht ein echtes Problem darstellen.
Was den Markt belaste, sei nicht die medizinische, sondern die Verwendung als reines Lifestyle-Produkt. „Ich hätte mir vor einigen Jahren nicht gedacht, dass sich gesunde Menschen einfach etwas zum Appetitzügeln spritzen würden, aber durch die gute Wirksamkeit und das überschaubare Nebenwirkungsprofil hat sich das Medikament so durchgesetzt“, sagt Zlamal-Fortunat.
Bei uns Ärzten löst die Situation eine enorme Frustration aus, weil sich bereits erzielte Erfolge in Schall und Rauch auflösen.