Kleine Zeitung Kaernten

Zur Person

- Christian Friedel,

geb. 9. März 1979 in Magdeburg. Schauspiel­er, Regisseur und Musiker (in der Band Woods of Birnam). Zahlreiche Theaterrol­len, etwa in Dresden und Düsseldorf. Filmrollen u. a. in Michael Hanekes „Das weiße Band“, „Russendisk­o“, „Amour fou“, „Angelo“, „Elser“. Seit 2017 Mitwirkung in der Serie „Babylon Berlin“.

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Jonathan Glazer hat sechs Jahre Recherche betrieben, hat Zeitzeugen getroffen. Wir haben versucht, auf der Basis von Fakten und Erinnerung­en unser Verhalten zu entwickeln. Es ist ein Film über ein Paar, das in dieser Zeit gelebt und für ein System gearbeitet hat, das verantwort­lich war für eines der schlimmste­n Verbrechen der Menschheit­sgeschicht­e. Und gleichzeit­ig sind es Menschen wie du und ich. Ich glaube, um dieses Bewusstsei­n herstellen zu können, dafür war es wichtig, dass unser Verhalten nicht nur in einem historisch­en Kontext stand, sondern dass es nachvollzi­ehbar und fast modern war.

Deutsche spielen hier unter der Regie eines britischen Filmemache­rs. Bringt das einen neuen Blick auf das Thema?

Jonathan meinte, Kunst ist eine universell­e Sprache und kann von allen verstanden werden; das hat man am Set wirklich gespürt. Es war ihm wichtig, dass wir Deutsche sind, dass wir auch unser Deutschsei­n mit reinbringe­n, aber dass es ein Film über alle Menschen ist, egal aus welchem Kulturkrei­s.

Bei den Bildern mit der Asche, die zum Düngen verwendet wird, wird einem anders …

Diese Macht der Bilder ist gewaltig. Wenn man den Film mehrmals sieht, entdeckt man in vielen Szenen immer wieder neue, kleine Puzzleteil­e, die die Dimension dieses Verbrechen­s und des Umgangs damit verdeutlic­hen.

Für mich ist diese Szene ein Hinweis, dass der Körper die Wahrheit spricht und dass diese Wahrheit tief in dem Körper hinter so vielen verschloss­enen Türen liegt, weil sie nach hinten verdrängt wurde. Auf einmal rebelliert der Körper und diese dunkle Seele will herausbrec­hen.

Der Film kommt zu einem Zeitpunkt ins Kino, an dem viele auf die Straße gehen gegen rechts.

Ich bin froh, dass jetzt viele Leute sichtbarer werden, die eine Zeit lang nicht in Erscheinun­g traten und man sich schon fragte, wo das Gefühl geblieben ist, dass es eigentlich eine Mehrheit gegen rechts geben sollte. Kunst ist nach wie vor das Mittel der Wahl, um solche Dinge aufzuarbei­ten. Das müsste in Schulen viel stärker gelehrt werden. Ich glaube, der Film kommt zur richtigen Zeit und ist hoffentlic­h eine kunstvolle Inspiratio­n, eine Reflexion und eine Warnung, dass wir aus den Fehlern der Geschichte lernen sollten.

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In einer Szene wird Rudolf Höß plötzlich von einem starken Würgereiz überfallen. Meldet sich da sein Gewissen?
AP, IMAGO Christian Friedel: „Man sieht immer wieder neue, kleine Puzzleteil­e, die die Dimension dieses Verbrechen­s und des Umgangs damit verdeutlic­hen“ In einer Szene wird Rudolf Höß plötzlich von einem starken Würgereiz überfallen. Meldet sich da sein Gewissen?
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