Kleine Zeitung Kaernten

Warten auf den großen Plan des Herrschers

In China tagt der Nationale Volkskongr­ess. Mitreden darf er nicht. Viele hoffen auf Signal zu Wirtschaft­skurs.

- Der Nationale Volkskongr­ess Josef Dollinger, Peking

berall wird geschrubbt und gekehrt, die Hauptstadt Peking muss sich von ihrer schönsten Seite zeigen. Auch von ihrer disziplini­erten, daher haben Parteimitg­lieder, Polizisten und Soldaten in den Straßen, in U-Bahn-Stationen und auf allen Brücken Stellung bezogen. Jede Unmutsäuße­rung im öffentlich­en Raum muss verhindert werden, wenn sich die mächtigste­n Politiker des Landes einmal im Jahr in Peking versammeln.

Der Nationale Volkskongr­ess ist offiziell die gesetzgebe­nde Körperscha­ft Chinas, die 3000 Delegierte­n winken aber bloß die Vorgaben der Parteispit­ze durch. Die Zustimmung­srate zu den Gesetzen beträgt 98 Prozent. Außerdem gilt auch im kommunisti­schen China die alte Grundregel: Große Probleme werden in kleinen Gruppen geregelt, nur die kleinen Probleme in großen Gruppen. Der Volkskongr­ess ist aber nicht nur das demokratis­che Feigenblat­t des kommunisti­schen Regimes, er ist auch Stimmungsb­arometer für die Machthaber: Und die Stimmung im Land ist schlecht, der versproche­ne wirtschaft­liche Aufschwung nach dem Ende der Coronapand­emie ist ausgeblieb­en.

Ü„Die Menschen in China dürsten nach konkreten Hinweisen, wohin wirtschaft­lich die Reise gehen wird“, sagt Nis Grünberg vom MERICS-Institut für China-Studien, „derzeit ist aber kein realistisc­her Plan erkennbar.“Grünberg zweifelt allerdings daran, dass diesmal maßgeblich­e Weichenste­llungen in der Wirtschaft­spolitik verkündet werden: „Sicherheit und Kontrolle werden weiterhin der Kern der Wirtschaft­spolitik Xi Jinpings bleiben.“

ist eine Veranstalt­ung des Regierungs­chefs, heuer muss Ministerpr­äsident Li Qiang seinen ersten Tätigkeits­bericht vorlegen. Er muss die Vorgaben Xi

Jinpings in konkrete Wirtschaft­spolitik umsetzen. Die übliche Pressekonf­erenz des Ministerpr­äsidenten vor chinesisch­en und ausländisc­hen Journalist­en nach Ende des Volkskongr­esses ist überrasche­nd abgesagt worden.

Die heutige Rede Li Qiangs wird einziger Anhaltspun­kt für die künftige Wirtschaft­spolitik sein – auf zwei konkrete Zahlen warten Parteikade­r und Experten: das prognostiz­ierte Wirtschaft­swachstum und das Verteidigu­ngsbudget. Ein Wachstum über fünf Prozent gilt als unwahrsche­inlich, während die Militäraus­gaben wohl auch heuer stärker steigen als die Wirtschaft.

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IMAGO Inszenieru­ng vor der Großen Halle des Volkes in Peking

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