Warten auf den großen Plan des Herrschers
In China tagt der Nationale Volkskongress. Mitreden darf er nicht. Viele hoffen auf Signal zu Wirtschaftskurs.
berall wird geschrubbt und gekehrt, die Hauptstadt Peking muss sich von ihrer schönsten Seite zeigen. Auch von ihrer disziplinierten, daher haben Parteimitglieder, Polizisten und Soldaten in den Straßen, in U-Bahn-Stationen und auf allen Brücken Stellung bezogen. Jede Unmutsäußerung im öffentlichen Raum muss verhindert werden, wenn sich die mächtigsten Politiker des Landes einmal im Jahr in Peking versammeln.
Der Nationale Volkskongress ist offiziell die gesetzgebende Körperschaft Chinas, die 3000 Delegierten winken aber bloß die Vorgaben der Parteispitze durch. Die Zustimmungsrate zu den Gesetzen beträgt 98 Prozent. Außerdem gilt auch im kommunistischen China die alte Grundregel: Große Probleme werden in kleinen Gruppen geregelt, nur die kleinen Probleme in großen Gruppen. Der Volkskongress ist aber nicht nur das demokratische Feigenblatt des kommunistischen Regimes, er ist auch Stimmungsbarometer für die Machthaber: Und die Stimmung im Land ist schlecht, der versprochene wirtschaftliche Aufschwung nach dem Ende der Coronapandemie ist ausgeblieben.
Ü„Die Menschen in China dürsten nach konkreten Hinweisen, wohin wirtschaftlich die Reise gehen wird“, sagt Nis Grünberg vom MERICS-Institut für China-Studien, „derzeit ist aber kein realistischer Plan erkennbar.“Grünberg zweifelt allerdings daran, dass diesmal maßgebliche Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik verkündet werden: „Sicherheit und Kontrolle werden weiterhin der Kern der Wirtschaftspolitik Xi Jinpings bleiben.“
ist eine Veranstaltung des Regierungschefs, heuer muss Ministerpräsident Li Qiang seinen ersten Tätigkeitsbericht vorlegen. Er muss die Vorgaben Xi
Jinpings in konkrete Wirtschaftspolitik umsetzen. Die übliche Pressekonferenz des Ministerpräsidenten vor chinesischen und ausländischen Journalisten nach Ende des Volkskongresses ist überraschend abgesagt worden.
Die heutige Rede Li Qiangs wird einziger Anhaltspunkt für die künftige Wirtschaftspolitik sein – auf zwei konkrete Zahlen warten Parteikader und Experten: das prognostizierte Wirtschaftswachstum und das Verteidigungsbudget. Ein Wachstum über fünf Prozent gilt als unwahrscheinlich, während die Militärausgaben wohl auch heuer stärker steigen als die Wirtschaft.