„Auf Wolfi liege ich doch
Das heimische Rodel-Duo Thomas Steu/Wolfgang Kindl kürte sich in ihrer ersten gemeinsamen Saison zum Gesamtweltcupsieger.
r stand plötzlich allein da. War das Feuer nach zwölf gemeinsamen Jahren erloschen? „Vermutlich. Ich habe schon gedacht, dass ich in die Sportlerpension gehen kann“, sagte Rodel-Ass Thomas Steu, nachdem er das Karriereende seines Partners Lorenz Koller verdauen musste. Um diesen Plan umzusetzen, blieb dem Vorarlberger (zu) wenig Zeit. Wolfgang Kindl, Doppelweltmeister 2017 im Einsitzer, brachte nämlich eine Scherzaussage fünf Jahre zuvor erneut ins Spiel. „Wir würden doch ein geiles Duo abgeben“, meinte Kindl abermals – das ließ sich Steu nicht zweimal sagen. Der neue Plan: „Wir gehen dieses Projekt an! Auch wenn wir nicht wissen, ob es funktioniert.“
Es ging ans Testen und Tüfteln, schließlich begab sich Kindl auf neues Terrain. Während der Schlitten auf den Tiroler
Eangepasst wurde – beginnend bei der Wanne bis hin zu Kufen und Schienen – lag dessen Fokus auf der Starttechnik. „Im Sommer konnten wir alles nur simulieren, im Oktober auf Eis klappte es dann auf Anhieb ziemlich gut“, sagt er.
„Ziemlich gut“, das ist ein gutes Stichwort. Die amtierenden Europameister sowie Doppelvizeweltmeister zauberten Fahrten in den Eiskanal, an denen sich die Rivalen die Zähne ausbissen. „Viele grübelten, wie wir so schnell so gut performen können. Plötzlich wird man viel genauer beobachtet“, erzählt Kindl, der nicht umsonst als „Beißer“tituliert wird. Die größte Challenge für den „Neuling“? Sich auf einen anderen verlassen zu müssen.
Freilich hatte das Duo Ziele vor Augen. Dass tatsächlich alles so aufgeht, „damit hätte aber niemand gerechnet. Wir wollten uns die erste Saison einmal ansehen. Und jetzt sind wir Gesamtweltcupsieger, unglaublich“, verdeutlicht der 35-Jährige. Steu war vom Erfolg überzeugt,
„sonst hätten wir es nicht gemacht. Wolfi scheut keine Verantwortung, verfügt über großen Erfahrungsschatz, er ist ein Vorbild. Aber ein noch schlechterer Verlierer als ich. Keiner hat bei uns wirklich die Hosen an“, schmunzelt der 30-Jährige und verrät: „Auf Wolfi liege ich weicher als davor auf Lorenz.“
Die Laufbahnen der beiden haben es in sich. Kindl spielte vor Olympia 2022 gedanklich schon mit dem Karriereende. Der Jungpapa, der sich selbst als „Zornpinkel“beschreibt, stellte sich
die Sinnfrage. Doch sein Ehrgeiz überwog – und als Lohn gab es doppelt Olympiasilber.
Auch „Trainingsviech“Steu kennt Tiefschläge nur allzu gut. In Sigulda – „diese Bahn mochte ich noch nie“– zog er sich einen komplizierten Waden- und Schienbeinbruch zu. 27 Schrauben und drei Platten konnten erst nach einem Jahr entfernt werden. Obendrein hatte ihn Corona erwischt – er verlor viel Muskelmasse. Als ob das nicht genug wäre, brach er sich in Sotschi die Fußwurzel.
Zu den Personen
geboren am
18. April 1988 in Innsbruck. Größte Erfolge: zweimal WM-Gold 2017, zweimal WM-Silber 2024, zweimal Olympia-Silber 2022.
geboren am
9. Februar 1994 in Bludenz Größte Erfolge: Silber und Bronze Olympia 2022, TeamWM-Gold 2021 und dreimal WM-Silber, dreimal EM-Gold.
Sie haben gelitten, gekämpft – und wurden heuer zur RodelSensation. Wenn das Duo weiter alle Register zieht, wird sich die Konkurrenz auch künftig warm anziehen müssen. Vorab ruft der Urlaub. Während Kindl die Zeit mit der Familie auf Teneriffa genießt, reist Steu nach Asien.