Trump ist nicht übermächtig
Das US-Präsidentschaftsduell zwischen Donald Trump und Joe Biden ist nach dem Super Tuesday angerichtet. Doch beide Kandidaten stehen vor Problemen.
ür große Überraschungen sorgte der Super Tuesday nicht: 15 US-Bundesstaaten hielten in der Nacht auf Mittwoch an einem Tag ihre Vorwahlen für die US-Präsidentschaftswahl ab. Ex-Präsident Donald Trump holte Sieg nach Sieg, Amtsinhaber Joe Biden machte es ihm gleich. Und trotz- dem stehen sowohl Trump als auch Biden erst am Anfang – und vor Problemen.
Joe Bidens Umfragewerte sind für einen amtierenden US-Präsi- denten schlecht. Laut einer Er- hebung der „New York Times“vom Wochenende kommt Biden auf lediglich 43 Prozent, Trump hingegen auf 48. In der demo- kratischen Partei zeigen sich tiefe Risse. Zwei Drittel der Wählerschaft werfen Biden vor, zu alt für seinen Job zu sein. Hinzu kommt Kritik an Bidens Nah- ostpolitik und seiner Unterstüt- zung für Israel. Aber noch viel schlimmer: Biden bricht mittler- weile auch die Unterstützung bei der nicht-weißen Wähler- schaft – immerhin Kernklientel der Demokraten – weg. Die Be- rührungsängste zu Trump schwinden dort. Das zeigt eine Nachwahlbefragung im bunten Kalifornien, wo sich bei der repu
Fjulian.melichar@kleinezeitung.at
blikanischen Vorwahl rund 72 Prozent für Trump – und nicht für die modernere Haley – ent- schieden. Eine für die Demokra- ten alarmierende Entwicklung. Und eine Erinnerung daran, dass die Partei es verabsäumt hat, ei- ne breitentaugliche Nachfolge aufzubauen. Vizepräsidentin Kamala Harris, die vor vier Jah- ren noch als weibliche Obama gehandelt wurde, ist in die Irre- levanz abgedriftet.
Trumps Sieg ist groß. Doch der Eindruck des übermächtigen Poltergeists trügt – und ist da- rüber hinaus Teil von Trumps Taktik. Seine scheinbare Über- macht gewann auch durch die Siege gegen Konkurrentin Nikki Haley an Momentum. Das war bisher ein Vorteil gegenüber Bi- den, der alleine – unscheinbar und unspektakulär – seine Siege einfuhr. Dass Trump neben seinen unzähligen Gerichtstermi- nen auch noch erfolgreich wahl- kämpft, ist beeindruckend. Doch sollte man nicht in die Falle tappen, seine Vorwahl-Erfolge überzubewerten. So gern Trump den kompromisslosen Bulldozer mimt – er wird in seiner eigenen Partei die Hand ausstrecken müssen. Rund ein Drittel der Republikaner hat genug von Trump. Das zeigen die Erfolge von Nikki Haley. Will der ExPräsident gewinnen, wird er die „Trump, nein danke“-Fraktion überzeugen müssen. Denn wenn diese Wählerschaft am Wahltag zu Hause bleibt oder gar Biden als geringeres Übel für sich entdeckt, haben die Republikaner verloren. Trumps anarchisches Auftreten, sein diktatorisches Liebäugeln – es könnte ihn am Ende des Tages doch Beliebtheit kosten. Denn Amerika mag unzufrieden sein; doch die USA sind im Grunde stolz auf ihre Rechtsstaatlichkeit. Und: Während Trump langsam, aber sicher das Geld ausgeht, steht Biden erst am Anfang seiner Wahlkampf-Offensive – mit gefüllten Kassen. ie Moral von der Geschichte: Die USA erwartet ein Präsidentschaftsduell zweier Herren, die viele in den eigenen Reihen nicht mehr im Weißen Haus sehen möchten.
D