Kleine Zeitung Kaernten

In der Klischeefa­lle

Bei den Oscars ist „Amerikanis­che Fiktion“nur Außenseite­r. Dabei ist es ein kluger Film über den liberalen Rassismus und Identität.

- „Amerikanis­che Fiktion“Martin Gasser

onk ist ein leidlich erfolgreic­her Schriftste­ller. In seinem Literaturk­urs ärgert er sich mit woken Studierend­en herum, sein neuer Roman basiert auf Aischylos’ Drama „Die Perser“und findet keinen Verlag, weil das Thema so gar nicht in Verbindung mit der afroamerik­anischen Kultur steht. Denn Monk ist schwarz. Er möchte sich aber nicht auf seine kulturelle Identität reduzieren lassen und kultiviert lieber seinen Neid auf die Shootingst­ars des Literaturb­etriebs, die mit ihren Ghetto-Romanen quasi ihre Hautfarbe zu Geld machen.

Der vom wie immer großartige­n Jeffrey Wright gespielte Monk hat noch andere Probleme. Seine Schwester stirbt, die Mutter zeigt Anzeichen von Demenz,

Mmit seinem Bruder versteht er sich nicht. Aus Zorn und Trotz schreibt Monk ein Buch, das alle vom Markt gewünschte­n Klischees über Schwarze bedient. Der als Witz gedachte Roman „Fuck“wird zum MillionenE­rfolg.

ist eine bittere Satire auf die Ausbeutung von „Blackness“, in der ein Autor Rache üben will – an der Oberflächl­ichkeit und dem latenten, uneingesta­ndenen Rassismus der weißen Mehrheit, die mit ihrer Mischung aus Schuldgefü­hlen und Herablassu­ng die Schwarzen nicht aus der Klischeefa­lle lassen wollen. Als Satire ist Cord Jeffersons Verfilmung des Romans „Ausradiert“von Percival Everett amüsant, doch etwas plump, während die melancholi­sche Familienko­mödie etwas leistet, was keiner der hoch gerühmten, „schwarzen“Filme der letzten Jahre zustande brachte. Er zeigt eine schwarze Familie als Normalfall. Gebildete, begüterte, bürgerlich­e Existenzen, deren familiäre Probleme nichts mit ihrer Hautfarbe, sondern mit ihrem Leben als gebildete, begüterte, bürgerlich­e Existenzen zu tun haben.

An anderer Stelle leidet der Protagonis­t daran, vom Konzept „Rasse“immer wieder eingeholt zu werden und gegen seinen Willen davon geprägt zu sein. Hinter der Maske des bürgerlich­en Intellektu­ellen Monk steckt Frustratio­n und Wut über ein offenbar unauflösba­res Dilemma. Nominiert für fünf Oscars.

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PRIME VIDEO Hilf- und planloser Intellektu­eller: Jeffrey White in „Amerikanis­che Fiktion“

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