Wie viel Nato darf es sein?
Schweden feiert Beitritt zur Nato. Die neue Rolle sorgt für Debatten.
ie Fahnenstange steht laut Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schon lange bereit: Heute um 12 Uhr wird vor dem Hauptquartier der Verteidigungsallianz in Brüssel die blaugelbe schwedische Flagge gehisst. Seit Donnerstag ist Schweden 32. Mitglied der Nato. „Dieser Tag ist ein Sieg für die Freiheit“, so Schwedens Premier Ulf Kristersson. Auslöser für den Beitritt war die russische Invasion in die bündnisfreie Ukraine.
Durch die Beitritte dominieren nun Nato-Staaten die Ostsee, ein klares Zeichen der Stärke gegenüber Russland. Doch der Beitrittsprozess zeigte auch die Schwächen des Bündnisses. Die Türkei und Ungarn sperrten sich lange, Finnland konnte schließlich im vergangenen April beitreten.
Ausschlaggebend für das Einlenken der Türkei war letztlich ein Deal mit Washington über die Lieferung von F-16-Kampfjets. Auch Ungarns Premier Viktor Orbán, der sich an Schwedens Kritik an den ungarischen Demokratiemängeln stieß, konnte Ende Februar Schwedens Premier einen „Spezialpreis“für den Kauf von vier Jas-39-Gripen-Kampfflugzeugen
Dabpressen. Derzeit sind schwedische Soldaten zusammen mit Streitkräften aus 12 Nato-Mitgliedsstaaten in Nordskandinavien unterwegs, um die Abwehr eines möglichen russischen Angriffs auf diese Region durchzuspielen. Schließlich gilt der Norden Schwedens als einer der beiden „neuralgischen Punkte“des Landes. Der zweite ist die Insel Gotland, von dort kann der Luft- und Seeraum der östlichen Ostsee beherrscht werden, wichtig für den Schutz des Baltikums, sollte sich Russland zu einer Invasion entscheiden.
Mittlerweile befürworten 77 Prozent der Bevölkerung den Beitritt. Doch nach dem Feiern kommen ungeklärte wie brisante Fragen auf den Tisch: Wie viel Nato darf es sein? Die damalige Regierungschefin Magdalena Andersson, eine Sozialdemokratin, verknüpfte im Frühjahr 2022 Schwedens Ja zum Nato-Beitritt mit zwei Vorbehalten – dem Verzicht auf Militärbasen wie auch auf die Stationierung von Nuklearwaffen. An beides fühlt sich jedoch die jetzige Mitte-rechtsRegierung nicht gebunden.