Kleine Zeitung Kaernten

Flauschig! Kratzig! Fluffig!

Die Ausstellun­g „Hard/Soft“im Wiener MAK widmet sich der Textilund Keramikkun­st und öffnet damit ein spektakulä­res Universum.

- Susanne Rakowitz

a krabbeln sie im Gleichschr­itt die Wände hinunter, die Ameisen von Peter Kogler – soll man sich gleich gruseln oder noch näher herangehen? Kurz bleibt die Aufmerksam­keit noch an den opulenten Vorhängen hängen, da zieht es einen schon magisch zu den flauschige­n überdimens­ionierten Pilzen von Cosima von Bonin. Kuschelig, widerborst­ig, kratzig, überborden­d, aalglatt, man möchte angreifen, sich anschmiege­n und manchmal auf keinen Fall anstreifen: Um die 80 Arbeiten von rund 40 Künstlerin­nen und Künstlern versammelt die Ausstellun­g „Hard/ Soft“im Wiener MAK (Kuratorin: Bärbel Vischer). Und es ist ein Eintauchen in die opulente Welt der Textil- und Keramikkun­st, aber hier wird nicht vordergrün­dig

Dden Materialie­n und dem Design gehuldigt, sondern sämtliche Klischees zerdeppert, die diese Materialie­n wie ein dicht verwobenes Hirngespin­st umgeben. Weiches ist hier brutal hart, unheimlich, Hartes ist weich und anschmiegs­am. Beißende Gesellscha­ftskritik trifft hier auf opulente expression­istische Skulpturen, der klischeeha­fte weibliche, softe Blick? Den gibt es hier nicht, den feministis­chen, analytisch­en Blick sehr wohl.

ist „Chambre 202, Hôtel du Pavot“von Dorothea Tanning. 1974 kreierte die Surrealist­in einen klaustroph­obischen Raum, aus dessen Wänden gruselig-fluffig-flauschige Körper schlüpfen – von wegen so schön weich und kuschelig.

Einer der Höhepunkte

Eine dichte Materialsc­hlacht aus Wolle, Kunstfell, Holz und sehr einnehmend­en Tapeten. Dass Textilkuns­t und Keramik unverzicht­bare Materialie­n in der Gegenwarts­kunst sind, zeigt sich hier eindringli­ch. Diese Transforma­tion über die angewandte Kunst hinaus zeigt sich in „Die fleißigen Totengräbe­rinnen und ihr Werkzeug“von Ann Muller. Durch ein überdimens­ionales Wiener Geflecht aus Möbelgurte­n schlängeln sich Arme aus Möbelsamt, an den Fingern stecken übergroße Stoffringe. Die textile Skulptur legt den Fokus auf die Frauen der Wiener Werkstätte, deren wichtigste­s Material Textil war.

„Hard/Soft.

Textil und Keramik in der zeitgenöss­ischen Kunst“, bis 20. 5., MAK. Wien. mak.at.

 ?? SUSANNE RAKOWITZ ?? „Holbein. Burgkmair. Dürer. Renaissanc­e im Norden“,
Klaustroph­obisch: „Chambre 202, Hôtel du Pavot“von Dorothea Tanning im MAK
SUSANNE RAKOWITZ „Holbein. Burgkmair. Dürer. Renaissanc­e im Norden“, Klaustroph­obisch: „Chambre 202, Hôtel du Pavot“von Dorothea Tanning im MAK

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