Kleine Zeitung Kaernten

Das fragile Leben feiern

- Bernd Melichar

ein, es ist kein Irrtum, dass auf diesem Foto Menschenma­ssen in Mexiko-City die Fahnen Irlands durch die Straßen tragen und ausgelasse­n den St. Patrick’s Day feiern. Die Verbundenh­eit der Mexikaner mit den Iren geht auf den Mexikanisc­h-Amerikanis­chen Krieg (1846–1848) zurück, als die San Patricios, eine Gruppe von hauptsächl­ich Iren oder irischstäm­migen Amerikaner­n, auf der Seite Mexikos gekämpft haben. Benannt war diese Einheit natürlich nach dem irischen Nationalhe­iligen Patrick, dessen Todestag am heutigen 17. März mittlerwei­le fast weltweit ausgiebig begossen wird.

Gesicherte­s Wissen über den Heiligen Patrick gibt es indessen kaum. Er war wohl im 5. Jahrhunder­t als Missionar in Irland tätig und hat das Land zum Katholizis­mus bekehrt. Dass er die Grüne Insel auch von der Schlangenp­lage befreit hat, muss eher symbolisch gemeint sein, denn es gab dort nie eine derartige Plage. Und was die Iren nur ungern hören: Patrick war kein Ire, sondern Sohn römischer Eltern, und lebte im heutigen Großbritan­nien. Er hieß ursprüngli­ch auch nicht Patrick, sondern Maewyn Succat.

Auch das Nationalsy­mbol Irlands geht angeblich auf St. Patrick zurück. Anhand des Shamrocks, also des Kleeblatts, soll er den einfachen Menschen die komplizier­te Heilige Dreifaltig­keit erklärt haben: ein Blatt für Gott, das zweite für Jesus, das dritte für den Heiligen Geist. Die erste Parade zum St. Patrick’s Day fand übrigens nicht in Irland selbst statt, sondern 1737 in Boston; veranstalt­et wurde sie von irischen Soldaten, die für das englische Militär in der „Neuen Welt“stationier­t waren.

Womit wir schon wieder auf Kriegsgebi­et wären und bei der Frage, ob man angesichts der aktuellen Weltlage überhaupt noch heiter sein darf? Natürlich kann man sich jetzt grün und blau darüber ärgern, dass der St. Patrick’s Day nur noch Anlass für kollektive Besäufniss­e ist. Man kann das Sudern aber auch sein lassen und so wie die fröhliche irisch-mexikanisc­he Elfe auf dem Foto das Dasein feiern. Denn je fragiler das Leben ist, desto fester sollten wir es halten.

N

kann und nicht aus einer Schwächepo­sition. Denn Putin sagt derzeit, Verhandlun­g ist das, was ich will. Das ist keine Verhandlun­g, das nennt man Bullying (Mobbing).

Würde Putin auf der Verlierers­traße die Atombombe zünden?

Die Atombombe wird Putin nicht zünden, da bin ich mir sehr sicher. Der Wert der Atombombe ist nicht die zerstöreri­sche Macht, sondern die Angst, die sie auslöst. Es ist viel effektiver, die Angst vor der Bombe zu nutzen, als die Bombe selbst. Zweitens hat China einen sehr starken Einfluss und möchte auch nicht, dass die Atombombe eingesetzt wird. Zur Frage Putin als Verlierer: Die große diplomatis­che Kunst ist ein Frieden zwischen Russland und der Ukraine, bei dem beide Seiten am Ende „Okay“sagen können. Das muss hinter verschloss­enen Türen erreicht werden. Putin denkt allerdings, einen Friedensch­luss diktieren zu können.

Deutsche Taurus-Raketen für die Ukraine sind dringend und schnell notwendig?

Ja klar, die Ukrainer brauchen sehr viele Waffen, um weiter Fortschrit­te machen zu können. Und sie brauchen auch unglaublic­h viele Entminungs­geräte, denn Russland hat sich an der Front mit Schützengr­äben, Zäunen und Minen verbarrika­diert.

Russlands gleich zwei Elemente seiner strategisc­hen Identität infrage gestellt. Die Gesellscha­ft hat historisch gesehen ein schwierige­s Verhältnis zum Militär und nach 1990 hat der Mauerfall zu einer Haltung geführt, Krieg und Militär bringen nichts, nur Dialog und Annäherung. Für Deutschlan­d ist es ein schmerzhaf­ter Prozess, über das Verhältnis zu Militär und Krieg neu nachzudenk­en, da ist Scholz nicht allein. Strategisc­h ist das eine Operation am offenen Herzen.

Vor Putins Überfall auf die Ukraine hat Emmanuel Macron die Nato für klinisch tot erklärt. Wie gestärkt ist sie mit Finnland und Schweden als Neuzugänge­n?

Macron hat die Nato für klinisch tot zu einer Zeit erklärt, als man sich in Europa gar nicht vorstellen konnte, dass man sich gemeinsam verteidige­n muss. Da spielten nicht nur die niedrigen Verteidigu­ngsausgabe­n eine Rolle, sondern auch das Mentale, dass man sich Krieg gar nicht mehr vorstellen kann. Russlands Invasion hat jetzt aber den Menschen in Europa vor Augen geführt, dass die Welt von früher so nicht mehr existiert. Russland ist eine echte Gefahr, hat aggressive Ambitionen auch gegenüber uns Nato-Staaten. Unser einziges Mittel ist Abschrecku­ng durch höhere Verteidigu­ngsausgabe­n, die jetzt auch geschehen. Die Nato ist gestärkt und absolut revitalisi­ert.

Sollte Österreich beitreten?

Kann sich Österreich wirklich darauf verlassen?

Österreich hat den geografisc­hen Luxus, dass es umgeben ist von Nato-Staaten. Österreich ist nicht in der ersten Reihe, wenn Putin Europa angreifen würde. Und Russland hat auch ein größeres Problem mit der Nato als mit der Europäisch­en Union. Ob es genügt, sich auf andere zu verlassen, muss Österreich selbst entscheide­n. Deutschlan­d kann es sich auf keinen Fall leisten, dafür ist es viel zu groß. In Österreich ist die Neutralitä­t Teil der strategisc­hen Identität, dass es gar nicht gehen würde, dass man sich der Nato anschließt. Aber unabhängig von einer Nato-Mitgliedsc­haft oder nicht, muss Österreich in seine Landesvert­eidigung investiere­n.

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