Kleine Zeitung Kaernten

Keiner will ins Raupennest

Die Frage „Wie viel Wohnraum ist genug Wohnraum?“hat viele Antworten.

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üngst gelesen: Neue Häuser in Australien haben im Schnitt schon 230 Quadratmet­er, und was fiel mir da sofort ein? Die Bilder, die mein Neffe seinerzeit aus seiner winzigen Tokioter Austauschs­tudentenwo­hnung heimschick­te. Er hatte Besuch von Studienkol­legen aus Europa, und in dem Zwergenhei­m zwängten sich unter Tisch, Sessel, Abwasch in prallen Schlafsäck­en steckende junge Männer. Die Wohnung sah aus wie ein Raupennest, und ein bisschen nach den alten Samstagabe­ndshowbewe­rben, bei denen sich 26 Jugendlich­e in einen Citroën 2CV stopfen ließen.

Was ist adäquater Wohnraum? Natürlich schlug ich sofort nach: Laut Statistik Austria sind Eigentumsw­ohnungen bei uns im Schnitt knapp 86 Quadratmet­er groß, Häuser 147, Gemeindeun­d Mietwohnun­gen zwischen 61 und 71.

In Häusern wohnt man also circa doppelt so geräumig wie in Wohnungen, interessan­t ist das, weil einer Umfrage zufolge ein Viertel der Hauseigent­ümerinnen und -eigentümer ihre Häuser zu groß findet. Speziell ältere Menschen sehen das so, während unter 30-Jährige und Jungfamili­en gefühlt zu beengt hausen.

Na klar: Die Jungen verlassen das elterliche Nest, weil der Abnabelung­sprozess sie glauben macht, dass es sich nirgends freier und besser lebt als in einem 10-Quadratmet­er-WG-Zimmer um 800 Euro kalt. Dann hanteln sie sich quadratmet­ermäßig über Jahre mühsam wieder hinauf, während ihre Eltern die Ex-Kinderzimm­er voller staubiger Transforme­r und ausgebleic­hter Selena-Gomez-Poster in Hobbyräume umwidmen, die dann binnen Monaten zu Rexglaslab­stellkamme­rn bzw. Mottenbars aus abgelegter Winterklei­dung mutieren.

Wo war ich? Ach so: Für die Jungen entspannt sich die Wohnsituat­ion dann so rund um die Familiengr­ündung: Drei-Personen-Haushalte leben im Schnitt auf knapp 140 Quadratmet­ern. angsam werden wir Australien; zugleich, liest man, steigt die Nachfrage nach kleinen und kleinsten Anlegerwoh­nungen. Wenn aber keiner ins Raupennest will, wie sinnvoll ist dann diese Art der Leerstands­produktion? Bzw.: Wie gut ist eigentlich Geld investiert in einer Wohnung, in der dann nur tote Fliegen wohnen?

JL

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